Scherenbewegung bei Mittelstandsfinanzierung: Kleiner Mittelstand und bestimmte Branchen erneut…
München
Scherenbewegung bei Mittelstandsfinanzierung: Kleiner Mittelstand und bestimmte Branchen erneut im Hintertreffen
Die aktuelle Krise an den Kapitalmärkten hat den Trend der letzten Jahre gestoppt, der mittelständischen Unternehmen einen besseren Zugang zu Finanzierungen ermöglichte. Dies legt eine Befragung von 5.000 Unternehmen durch vier Unternehmensverbände und die Förderbank KfW nahe.
62 Prozent der Unternehmen gaben in der Umfrage gleich bleibende Kreditbedingungen an, 27 Prozent gingen von einem schwererem, zwölf Prozent von einem leichterem Zugang aus. Nicht zuletzt aufgrund des starken Einbruchs von Beteiligungs- und Hybridkapital setzten Unternehmen dabei wieder stärker auf die Kreditfinanzierung als in den Vorjahren. Positiv wirke sich hingegen aus, dass der Anteil des Eigenkapitals am Gesamtvermögen deutscher Firmen in den vergangen Jahren stetig gewachsen sei. Nach einer kürzlich veröffentlichten KfW-Mittelstandsstudie ist die durchschnittliche Eigenkapitalquote bei mittelständischen Unternehmen zwischen 2002 und 2005 um immerhin fünf Prozentpunkte auf insgesamt 23,9 Prozent angestiegen.
‚Der Trend zeigt in die richtige Richtung‘, sagt Hans Loges, Vizepräsident des Bundesverbands Kapital für den Mittelstand e.V.: ‚Allerdings ist die Eigenkapitalausstattung gerade im kleinen Mittelstand nach wie vor schwierig. Besonders betroffen sind Betriebe mit einem Umsatz bis 2,5 Mill. Euro sowie die Branchen Einzelhandel, Bau und Dienstleistung.‘
Diese Scherenbewegung findet auch Bestätigung in einer aktuellen Studie Creditreform: Demnach sei die Zahl der unterkapitalisierten Unternehmen, bei denen die Eigenkapitalquote unter zehn Prozent liegt, im vergangenen Jahr zwar um 1,3 Prozent. Diese Gruppe mache aber noch immer 30,3 Prozent aller untersuchten Unternehmen aus. ‚In diesem Segment ist der Bedarf nach entsprechender Finanzberatung nach wie vor sehr hoch‘, sagt Loges. ‚Als Verband haben wir uns daher auch auf den kleinen und mittleren Mittelstand spezialisiert und bieten als konkrete Maßnahme der Mittelsstandsförderung daher auch eine kostenfreie Erstberatung in Sachen Finanzierung und Rating an.‘
Infobox Mittelstandsfinanzierung (I): Was sind Vorräte und Forderungen wirklich wert?
Bei Finanzierungsberatungen mittelständischer Unternehmen begegnen wir nach wie vor in Bankgesprächen der Argumentation, eine Finanzierung sei nur möglich bei einer Sicherungsübereignung des Vorratsvermögens und einer stillen Zession der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen. Auf Rückfragen wird dann erklärt, dass sich dies auf den Finanzierungsspielraum des Unternehmens aber nicht stark auswirken würde, da diese Sicherheiten „im Ernstfall keinen Realisierungswert haben würden‘. Mit dem Ernstfall ist hier die Insolvenz gemeint. Diese Antwort erhalten Unternehmer auch, wenn sie sich z.B. speziell mit der Finanzierung ihrer Vorräte auseinandersetzen.
Worauf beruht diese für Unternehmen und Berater nicht zufriedenstellende Antwort? Im Gegensatz zu anderen Ländern ist in Deutschland nach wie vor noch das traditionelle schuldnerbezogene Geschäftsmodell bei Finanzierungen vorzufinden. Die dabei übliche Vorgehensweise behandelt Kreditsicherheiten mehr als passives Sicherungsinstrument. Im Vordergrund eines angelsächsisch geprägten Geschäftsmodells steht die Frage nach den Wiedergewinnungserlösen der zur Verfügung gestellten Sicherheiten in Form von Vorräten oder Forderungen aus Lieferungen und Leistungen. In diesem Zusammenhang wird auch häufig der Begriff „Asset Based Lending‘ benutzt. Insofern liegt es zunächst an der Verfolgung unterschiedlicher Geschäftsmodelle.
Die Aussage „…im Ernstfall nichts wert‘ zeugt aber darüber hinaus auf Bankenseite häufig von mangelndem betriebswirtschaftlichen know-how im Allgemeinen und gravierender Unkenntnis über das zu betrachtende Unternehmen im Besonderen. Für Unternehmen bedeutet dies bei strategischer Ausrichtung der Finanzierung, zwischen bewährten Grundsätzen und neuen Spielregeln bei Finanzierungen zu entscheiden. Beim Asset Based Lending verändert sich der Stellenwert von Sicherheiten bei der Kreditvergabe.
Für Banken, die ihr Geschäftsmodell auf assetbezogene Finanzierungen ausdehnen wollen, ist mehr betriebswirtschaftliches und unternehmensspezifisches know-how für die Bewertung, Überwachung und Verwertung von Vorräten und Forderungen aus Lieferungen und Leistungen erforderlich. Wenn Sie als mittelständischer Unternehmer in der Situation sind, für Vorräte und Debitoren keine adäquaten Finanzierungsspielraum erhalten, beginnen Sie einen intensiven und kritischen Dialog mit Ihrem Bankpartner. Dieser ist wichtig für eine nachhaltig erfolgreiche Kundenbeziehung.
Herausgeber:
Bundesverband Kapital für den Mittelstand e.V.
Zitelmannstrasse 22
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