Die wirtschaftliche Lage in der Bundesrepublik Deutschland im September 2008 [1]
Die wirtschaftliche Lage in der Bundesrepublik Deutschland im September 2008 [1]
Die Wirtschaftsentwicklung in Deutschland ist ins Stocken geraten. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ging vom ersten auf das zweite Quartal preis-, kalender- und saisonbereinigt [2] um 0,5 % zurück. Diese Abwärtsbewegung ist allerdings zu einem Teil eine technische Gegenreaktion auf das durch Sondereffekte gestützte erste Quartal, indem das BIP um abwärts revidiert 1,3 % stieg. Das Wachstum über das gesamte erste Halbjahr gesehen war mit einem Zuwachs von saisonbereinigt 1,2 % gegenüber dem zweiten Halbjahr 2007 insgesamt positiv. Gleichwohl hat auch die konjunkturelle Grundtendenz den vielfältigen Belastungsfaktoren, die ihren Ursprung vornehmlich im weltwirtschaftlichen Umfeld haben, nachgegeben und sich abgeschwächt. Dabei war es im zweiten Quartal vor allem die inländische Verwendung, die sich preis-, kalender- und saisonbereinigt um 1,0 % gegenüber dem Vorquartal verringerte. Maßgeblich hierfür waren in erster Linie die Entwicklung der Anlageinvestitionen und insbesondere die der Bauinvestitionen, die von der milden Witterung im ersten Quartal besonders profitiert hatten. Rückläufig waren auch die privaten Konsumausgaben, die unter dem Preisauftrieb und einer insgesamt zurückhaltenden Verbraucherstimmung litten.
Die Perspektiven haben sich vor allem angesichts der sich abzeichnenden Verlangsamung des weltwirtschaftlichen Wachstums weiter eingetrübt. Die Beschleunigung der globalen Inflation als Folge der gestiegenen Rohstoff- und Nahrungsmittelpreise dämpft weltweit die Konjunktur. Zudem hat sich die Finanzkrise zuletzt wieder verschärft, wobei die Folgewirkungen derzeit noch nicht in vollem Umfang abzusehen sind. Die bestehenden Abwärtsrisiken sind dadurch nochmals deutlicher hervorgetreten. Die deutsche Volkswirtschaft kann sich aufgrund ihrer Ausrichtung als Exportwirtschaft und ihrer insgesamt starken Einbindung in die globale Entwicklung kaum von der Weltwirtschaft abkoppeln. Auf der anderen Seite dürfte sie durch die aktuellen Entwicklungen auf den Finanzmärkten weniger betroffen sein als z. B. die USA. Hierzu trägt bei, dass die deutschen Unternehmen wettbewerbsfähig und ihre Finanzen überwiegend in guter Verfassung sind. Ein Lichtblick ist die Rückbildung der Übertreibungen an den Rohstoffmärkten sowie ein wieder deutlich niedrigerer Außenwert des Euro.
Die Produktion im Produzierenden Gewerbe erfährt merklich Gegenwind. Im Juli wurde sie preis-, kalender- und saisonbereinigt um 1,8 % gegenüber dem Vormonat eingeschränkt und ist damit schwach ins dritte Quartal gestartet. Sowohl die Industrie als auch das Bauhauptgewerbe sind betroffen. Die Industrieproduktion wurde im Juli gegenüber Juni saisonbereinigt um 2,0 % zurückgefahren. Hieran hatte allerdings die diesjährige Lage der Ferien merklichen Anteil. Dennoch dürfte die Grundtendenz abwärts gerichtet sein (Dreimonatsvergleich [3]: -2,6 %). Die Nachfrage nach industriellen Erzeugnissen aus dem In- und Ausland lässt nach. Im Juli gingen die Auftragseingänge in der Industrie preis-, kalender- und saisonbereinigt um 1,7 % und im Dreimonatsvergleich um 4,8 % zurück. Gerade die inländischen Auftragseingänge bei den Herstellern von Investitionsgütern als Indikator für die Investitionsabsichten der inländischen Unternehmen sind besonders stark rückläufig (Dreimonatsvergleich: -6,1 %). Ihren Vorjahresstand unterschritten die Auftragseingänge insgesamt in den letzten drei Monaten um 3,3 % (Ursprungszahl). Das ifo-Geschäftsklima für das Verarbeitende Gewerbe und hier insbesondere die Geschäftserwartungen trübten sich im August weiter ein. Im Bauhauptgewerbe verringerte sich die Erzeugung im Juli preis-, kalender- und saisonbereinigt um 2,0 % und im Dreimonatsvergleich, nicht zuletzt aufgrund der witterungsbedingten Verschiebungen, um 5,6 %. Vom Bauhauptgewerbe sind angesichts zuletzt nachlassender Nachfrage und schwächerer Stimmungsindikatoren absehbar ebenfalls kaum Impulse zu erwarten.
Der Einkommensanstieg der privaten Haushalte durch die Zunahme der Beschäftigung und die Erhöhung der Löhne und Gehälter wird durch die Teuerung weitgehend aufgezehrt. Die privaten Konsumausgaben sanken im zweiten Quartal preis-, kalender- und saisonbereinigt um 0,7 %, auch in laufenden Preisen gerechnet gingen sie um 0,1 % zurück, was den Eindruck eines spürbar eingetrübten Konsumklimas verstärkt. Das Umsatzvolumen im Einzelhandel (ohne Handel mit Kraftfahrzeugen und Tankstellen) ist in der Tendenz weiter rückläufig. Im Juli gaben die Verbraucher im Einzelhandel preis-, kalender- und saisonbereinigt 1,0 % weniger aus als im Vormonat. Auch der Handel mit Kraftfahrzeugen erreicht derzeit nicht die Zulassungszahlen aus dem Vorjahr. Angesichts der gedämpfteren konjunkturellen Aussichten haben sich das Geschäftsklima im Einzelhandel und das Konsumklima der Verbraucher zuletzt eingetrübt. Mit Impulsen ist erst bei spürbar nachlassendem Preisauftrieb zu rechnen.
Die Entwicklung der Ausfuhren hat sich merklich abgeschwächt. Im Juli nahmen die Exporte saisonbereinigt um 1,7 % gegenüber dem Vormonat ab. Sie sind in der Tendenz gegenwärtig seitwärts gerichtet. Ihren Vorjahresabstand übertrafen sie in den letzten drei Monaten um 5,8 % (Ursprungszahl). Die Einfuhren nahmen im Juli demgegenüber außerordentlich stark um saisonbereinigt 7,4 % zu. Insbesondere Energieträger wurden verstärkt eingeführt. Die Importe liegen im Dreimonatsvergleich aktuell um 9,6 % (Ursprungszahl) über ihrem Vorjahresstand. Hierzu trägt allerdings der Anstieg der Einfuhrpreise um zuletzt 9,3 % im Juli maßgeblich bei. Die Perspektiven haben sich trotz des rückläufigen Außenwertes des Euro angesichts der sich abzeichnenden weltweit verlangsamten Wirtschaftsentwicklung eher weiter eingetrübt. Hierauf deutet auch die Entwicklung der Auslandsaufträge für die Industrie hin. Die Wareneinfuhr dürfte sich in der Tendenz ebenfalls abschwächen. Vom Außenhandel sollten deshalb zunächst keine allzu großen Impulse erwartet werden.
Die konjunkturelle Abschwächung macht sich am Arbeitsmarkt dagegen noch wenig bemerkbar, da der Arbeitsmarkt der Konjunktur gewöhnlich mit etwa einem halben Jahr Verzögerung folgt. Die positiven Tendenzen setzen sich bislang fort, die Dynamik scheint sich aber etwas abgeschwächt zu haben. Nach der flauen Frühjahrsbelebung nahm der Beschäftigungsaufbau im Juli sogar wieder zu. Die Zahl der Erwerbstätigen (Inlandskonzept) erhöhte sich um saisonbereinigt +37.000 Personen. Gleichwohl fiel der Anstieg etwas weniger deutlich aus als im Durchschnitt der vergangenen sechs Monate (+45.000). Binnen Jahresfrist stieg die Zahl der Erwerbstätigen um 560.000 auf 40,31 Mio. (Ursprungszahl). Der Aufbau beruht auf dem Anstieg der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse, die im Juni binnen Jahresfrist um 596.000 zunahmen. Die Zahl der Arbeitslosen verringerte sich im August auf 3,196 Mio. (Ursprungszahl). Saisonbereinigt setzte sich der Rückgang der Arbeitslosigkeit mit -40.000 Personen kräftig fort. Der Rückgang war sogar etwas stärker als im Durchschnitt der vergangenen sechs Monate (-37.000). Die Arbeitslosenquote sank im August auf 7,6 %.
Bei den Verbraucherpreisen zeigen sich erste Lichtblicke. Der Preisauftrieb schwächte sich im August ab. Gegenüber dem Vormonat gingen die Verbraucherpreise um 0,3 % zurück. Die Jahresteuerungsrate sank auf 3,1 %, nach 3,3 % im Juli. Maßgeblich für den Rückgang waren starke Preisrückgänge bei Heizöl und Kraftstoffen. Hinzu kamen saisonbedingte Preisrückgänge. Der Preisauftrieb wird aber zunächst noch hoch bleiben. Der Preisdruck, der sich durch den Anstieg der Energie- und Nahrungsmittelpreise gebildet hat, dürfte noch nicht vollends durch das gesamte Preissystem diffundiert sein. Auch ist erst zum Jahresende hin mit unterstützenden Basiseffekten zu rechnen. Der Rohölpreis der Sorte Brent bildete sich seit seinem Höchststand Anfang Juli von rd. 145 Dollar bis Mitte September deutlich auf unter die Marke von 90 Dollar je Barrel zurück. Die Kernrate – also die Preissteigerungen ohne Energie und saisonabhängige Nahrungsmittel – betrug im August 1,8 %.
Hinweis:
Eine ausführliche Darstellung und Kommentierung der wirtschaftlichen Lage und Entwicklung wird in der Oktoberausgabe des Monatsberichts „Schlaglichter der Wirtschaftspolitik“ veröffentlicht. Die aktuelle Ausgabe ist ab dem 22. September auf der Internetseite des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie zu finden.
[1] In diesem Bericht werden statistische Daten verwendet, die bis zum 16. September 2008 vorlagen.
[2] Wenn nicht anders vermerkt, handelt es sich bei den in diesem Bericht verwendeten saisonbereinigten Angaben um Berechnungen nach dem Verfahren Census X-12-ARIMA
[3] Dreimonatsvergleich: Zeitraum Mai/Juni/Juli gegenüber Februar/März/April 2008.
Das Internetangebot des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie: http://www.bmwi.de
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