Vietnam: „Rising Star“ mit Stabilitätsproblemen

Frankfurt am Main

Vietnam: „Rising Star“ mit Stabilitätsproblemen

Das kommunistische Regime in Vietnam hat sich in den letzten Jahren zunehmend marktwirtschaftlich orientiert und außenwirtschaftlich geöffnet. Mittlerweile gehört das Land der WTO und – als eines von zehn nicht-ständigen Mitgliedern – dem UN-Sicherheitsrat an. Ein Problem bleibt die Korruption: Transparency International listet Vietnam in seinem Corruption Perceptions Index auf Rang 123 von 150.

Der Wirtschaftsboom hat seinen Höhepunkt überschritten: Nach 8,5 % 2007 wird das Wachstum 2008 wahrscheinlich nur noch 6 % erreichen, den niedrigsten Wert der letzten zehn Jahre. Ursache sind die exorbitante Inflation und die Bemühungen, die Geldmenge nach der ausgeuferten Kreditvergabe wieder einzuschränken. Im Jahresdurchschnitt steigen die Preise auf rund rund 25 % (nach 8,3 % 2007), befeuert durch den starken Anstieg der Nahrungsmittelpreise und den Wegfall staatlicher Preissubventionen für Treibstoff. Dies schwächt den privaten Verbrauch und die Unternehmensinvestitionen. 2009 wird die Inflation bei nachlassendem Druck von der Nahrungsmittel- und Rohstoffseite noch rund 14 % erreichen, während das BIP-Wachstum mit 5,4 % nur wenig schwächer ausfällt als 2008.

Hinsichtlich der Leistungsbilanz hat Vietnam bislang als Netto-Ölexporteur von den hohen Energiepreisen profitiert. In der ersten Jahreshälfte 2008 wandelte sich dies aufgrund des stark gestiegenen Imports an Ölprodukten in eine Netto-Importposition. Zudem lässt die Ölfördermenge weiter nach, was sich auf die Exporte auswirkt. Insgesamt erreicht das Leistungsbilanzdefizit 2008 mit rund 13 % einen kritischen Wert, allerdings weist der Trend auch bei den ausländischen Direktinvestitionen weiter aufwärts. 2009 wird das Leistungsbilanzdefizit auf rund 10 % des BIP zurückgehen, da das Importwachstum sich abschwächt.

Dem gestiegenen Abwertungsdruck auf den Dong ist die State Bank of Vietnam (SBV) u.a. durch Offenmarktgeschäfte und Zinsanhebungen (Leitzins aktuell bei 14 %) entgegengetreten. Zudem verdoppelte sie das Band, innerhalb dessen sich der Dong zum Dollar bewegen kann (+/- 2 %). Zur Abfederung externer Schocks ist das System aber immer noch zu unbeweglich. Die hohen Niveaus von Inflation und Leistungsbilanzdefizit werden den Abwertungsdruck aufrecht erhalten. Zur Stützung des Dong können allerdings die hohen Fremdwährungsreserven Vietnams herangezogen werden. Sie sind zwar in diesem Jahr erstmals zurückgegangen, belaufen sich jedoch noch immer auf fast 22 Mrd. US-Dollar – rund das Siebenfache der kurzfristigen Verschuldung. Darüber hinaus ist der größte Teil der Auslandsverschuldung langfristiger Natur, was ebenfalls stabilisierend wirkt. Insgesamt zeigen die Stabilitätsprobleme aber, dass Vietnam dringend die hohe Inflation und das Leistungsbilanzdefizit auch unter Preisgabe kurzfristiger Wachstumsziele bekämpfen muss, um die Basis für eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung zu legen.

Herausgeber:
Dr. Gertrud R. Traud
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