Sommer zur Finanzkrise: Hilfe nur für Gegenleistung

Berlin

Sommer zur Finanzkrise: Hilfe nur für Gegenleistung

Der DGB-Vorsitzende Michael Sommer sagte am Montag in Berlin zur Finanzkrise:

„Der DGB begrüßt es, dass die Bundesregierung einen Rettungsplan für die Finanzmärkte geschnürt hat und die Eigenkapitalbasis der Banken stärken will. Allerdings muss das Prinzip ,Hilfe nur für Gegenleistung’ konsequent durchgehalten werden. Subventionen darf es nur gegen Eigentumsrechte geben, und im Rahmen der Nothilfe dürfen keine Steuergelder verschwendet werden. Anstatt faule Kredite und Derivate aufzukaufen, brauchen wir das Geld, um es in die Teilverstaatlichung notleidender Banken zu stecken. Nur so kann auch Einfluss auf die Geschäftspolitik der Banken genommen werden. Der DGB fordert, Summe und Dauer der Rekapitalisierungsmaßnahmen nicht zu begrenzen, wie es derzeit geplant ist.

Wichtig ist, dass die Initiative europäisch abgestimmt wurde. Die Finanzmärkte sind das Nervenzentrum unserer Wirtschaft. Dieses Nervenzentrum leidet unter einer schweren Hirnhautentzündung, gegen die kein Aspirin, sondern nur noch die Intensivstation hilft. Der Staat ist jetzt die letzte Instanz, die das von Bankern und Vermögensverwaltern zerstörte Vertrauen wieder herstellen kann. Problematisch ist, dass das Rettungspaket keine Konjunktur stützenden Maßnahmen enthält. Wir brauchen jetzt ein Konjunkturprogramm in der Höhe von 25 Mrd. Euro, um den Abschwung abzufedern. Ein solches Programm muss Teil einer europäischen konjunkturpolitischen Kraftanstrengung sein.

Darüber hinaus müssen wir jetzt einen neuen Ordnungsrahmen für die Finanzmärkte schaffen. Das Casino muss geschlossen werden. In diesem Zusammenhang fordert der DGB u.a. einen Haftungsverband der europäischen Privatbanken, eine Finanztransaktionssteuer, einen TÜV für Finanzmarktprodukte, eine ,Schufa’ für Banken sowie das Austrocknen der Steueroasen.

Eine der wesentlichen Ursachen der Finanzmarktkrise ist die Fehlorientierung vieler Banken und Finanzinvestoren. Die Geschäftsstrategie von Banken hat sich von ihrem Kerngeschäft entfernt. Statt nachhaltigem Wachstum zugunsten der Kunden wurden kurzfristige Gewinnmaximierung und zweistellige Gewinnmargen oft mittels zweifelhafter Geschäfte von den Vorständen als Unternehmensziel verfolgt. Deshalb brauchen wir eine gesetzliche Festlegung des Begriffs ,Unternehmensinteresse’, um zu verhindern, dass Unternehmen nur nach Aktionärsinteresse geführt werden, klare Vorgaben für die Angemessenheit der Vorstandsvergütung sowie eine stärkere Regelung zur persönlichen Haftung der Vorstandsmitglieder durch einen höheren Selbstbehalt bei den Haftpflichtversicherungen für Manager.

Auch die weitere Amerikanisierung des Bilanzrechts muss unterbunden werden, denn es verschleiert die echte Bewertung eines Unternehmens eher, als dass es ein realistisches Bild wiedergibt. So werden dabei häufig Scheingewinne auf der Basis ständig schwankender Zeitwerte ausgewiesen. In der aktuellen Bankenkrise hat sich das fatal ausgewirkt. Zudem muss nun auch der Zufluss in die Spekulation begrenzt werden. Die Spekulationsblasen speisen sich aus einer massiven Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums von unten nach oben. Folglich steht jetzt ein Kurswechsel in der Steuer-, Wirtschafts- und Sozialpolitik auf der Tagesordnung. Die deutschen Gewerkschaften werden durch ihre Tarifpolitik einen wichtigen Beitrag zu dieser notwendigen Umverteilung leisten und damit gleichzeitig die wirtschaftliche Entwicklung stützen.“

URL: www.dgb.de342065