CFS-Finanzplatzindex erstmals unter 100 – Erwartungen weiter negativ gestimmt
CFS-Finanzplatzindex erstmals unter 100 – Erwartungen weiter negativ gestimmt
In Q3 2008 erhebliche Umsatz- und Gewinnrückgänge bei Kreditinstituten; zugleich steigt erwartete internationale Bedeutung des Standorts. / Sonderfragen: Verstärkte Regulierung gefordert.
FRANKFURT, 29. Oktober. Die aktuelle Erhebung des CFS-Finanzplatzindex zu Beginn des 4. Quartals 2008 zeigt mit einem Indexwert von 99,0 (Vorquartal: 108,7) erstmals einen negativen Wert (kleiner 100). Damit hat sich die Stimmungslage am Finanzplatz Deutschland deutlich verschlechtert. Eine noch vor drei Monaten erwartete weitergehende Erholung auf 110,0 Punkte ist somit ausgeblieben. Sektorenunterschiede sind deutlich zu erkennen; besonders drastisch ist der Einbruch des Geschäftsklimas bei Kreditinstituten. Wirtschaftsprüfer und Berater sehen dagegen keinen Abwärtstrend. Hinsichtlich der internationalen Bedeutung des Finanzstandorts Deutschlands zeigt sich wiederum ein positiver Saldo.
„Die negativen Geschäftszahlen in Q3 werden sich in Q4 offensichtlich fortsetzen.“, erklärt CFS-Direktor Professor Dr. Jan Pieter Krahnen. „Dennoch hat sich das Vertrauen in die internationale Bedeutung des Finanzstandorts deutlich gefestigt – eine Folge der als hoch eingeschätzten Stabilität des Bankensystems.“
Andauernde Krise stärkt Wunsch nach Regulierung: Rating, Fair Value, Vergütung
Die aktuellen Sonderfragen des CFS behandeln das erwartete Ausmaß der Krise sowie regulatorische Konsequenzen. Knapp 2/3 der Befragten erwarten eine Krisendauer zwischen 1 und 3 Jahren, weitere 17% von mehr als 3 Jahren. 92% der Befragten erwarten dabei sinkenden Wachstumsraten in 2009 – davon 50% sogar negative Raten. Allgemein wird das Universalbankmodell europäischen Typs als Gewinner der Krise angesehen, besonders ausgeprägt bei den befragten Banken. Ein Drittel lehnt den direkten Vergleich mit amerikanischen Investmentbanken ab.
Es wurde auch nach einzelnen Maßnahmen gefragt. Hinsichtlich des Regulierung bei Kreditverbriefungen, einem der Kernthemen in der aktuellen Debatte, plädieren mehr als 70% der Befragten für einen Selbstbehalt des Emittenten, wobei wiederum etwa 2/3 einen höheren Einbehalt wünschen, als die von der EU diskutierten 5%. Lediglich 13% der Befragten sind noch bereit, auf die Marktdisziplin ohne verpflichtenden Selbstbehalt zu vertrauen. Der Wunsch nach verstärkter Regulierung zeigt sich auch beim Thema Ratingagenturen. Knapp 2/3 stimmen einer Beaufsichtigung der Agenturen zu. Dabei wird mit 70% Zustimmung eine Zertifizierung der Ratingprozesse gewünscht; lediglich ein Drittel (Banken: 51%) der Antworten zielen auf eine Begrenzung der Produkte, die von Ratingagenturen bewertet werden dürfen. Jedoch spricht sich eine deutliche Mehrheit von 2/3 gegen die Verwendung öffentlicher Gelder zur Gründung einer europäischen Ratingagentur aus.
Interessanterweise wird das Aufweichen der Marking-to-Market von Vermögenspositionen unter allen Befragten nur knapp befürwortet (45% vs. 39%), während es keine Mehrheit bei der Teilgruppe der Banken gibt (42% vs. 42%). Wesentlich deutlichere Zustimmung finden Vorschläge, die Managementvergütung im Gesamtaufsichtsrat genehmigen zu lassen (58% vs. 22%), und insbesondere die Struktur des Vergütungssysteme zu verändern. Die größte Zustimmung finden hier Vorschläge, die variable Vergütung von einem längerfristigen Unternehmenserfolg abhängig zu machen (72%) und dabei ggfs. bei Verlusten auch zuvor gezahlte Boni zurückzufordern (50%, Banken: 37%).
„Das vielleicht bemerkenswerteste Ergebnis der Befragung ist die hohe Bereitschaft selbst unter den befragten Finanzmarktakteuren eine verstärkte Regulierung von Ratingagenturen und Vergütungssystemen als wünschenswert anzusehen“, kommentiert CFS-Direktor Jan Pieter Krahnen.
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