Expertenanhoerung bestaetigt Notwendigkeit flaechendeckender Mindestloehne
Expertenanhoerung bestaetigt Notwendigkeit flaechendeckender Mindestloehne
Der Arbeits- und Sozialausschuss im Bundestag hat gestern Sachverstaendige zum Arbeitnehmer-Entsende- und Mindestarbeitsbedingungengesetz angehoert. Hierzu erklaeren die zustaendige Berichterstatterin Anette Kramme und die arbeits- und sozialpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion Andrea Nahles:
Die Verfassungsmaessigkeit der Mindestlohngesetzentwuerfe wurde bestaetigt. Hervorzuheben sei auch, dass die Neufassung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes deutlich zur Klarheit und Verstaendlichkeit sowie zur besseren Handhabung beitragen wird.
Dabei hielten die Arbeitsrechtlerin Dr. Eva Kocher, der DGB sowie die Tarifexperten der Boeckler-Stiftung die flaechendeckende Einfuehrung von Mindestloehnen nicht nur aus fachlicher Sicht fuer dringend erforderlich. Auch die Praktiker, insbesondere aus der Zeitarbeitsbranche der Betriebsraete von Randstad, schilderten die prekaere Situation in der Zeitarbeit sehr anschaulich. Der Lohnspirale nach unten im geringqualifizierten Bereich und im Niedriglohnsektor muss mit einem wirksamen Instrument Einhalt geboten werden.
Die Sachverstaendigen wiesen auf die Schwaechung des Tarifsystems hin, die durch den Rueckgang der Mitglieder bei Gewerkschaften und Arbeitgeberverbaenden verursacht wurde. Die Erosion der Flaechentarifvertraege sei noch nicht gestoppt. Die Tarifbindung von nur noch 52 Prozent begruende das Eingreifen des Gesetzgebers, denn Loehne, die durch einen Flaechentarifvertrag geschuetzt werden, wuerden immer mehr zur Ausnahme. Auch innerhalb der tariflich geregelten Bereiche gibt es Verwerfungen. Scheingewerkschaften, die sich zum Ziel gesetzt haben, Tarifloehne zu unterbieten, lassen vermuten, dass sie weder gegnerfrei organisiert sind noch die erforderliche Maechtigkeit haben, um Tarifvertraege durchzusetzen beziehungsweise mit Arbeitgeberverbaenden auf Augenhoehe verhandeln zu koennen. Die Interessen der Arbeitnehmer werden nicht wahrgenommen, wodurch Tarifloehne von drei bis sieben Euro zustande kommen.
Gegen diesen Unterbietungswettbewerb und die Verwerfungen in immer mehr Branchen wird konsequent mit der Ausweitung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes reagiert. Mit dieser gesetzlichen Regelung liegt es in der Hand der Tarifvertragsparteien der Branchen, eine Einfuehrung eines gesetzlichen Mindestlohns mitzugestalten. Diese Mindestlohntarife, die anschliessend vom Arbeitsminister fuer den jeweiligen Wirtschaftsbereich per Verordnung fuer allgemeingueltig erklaert werden koennen, gelten nicht nur fuer alle inlaendischen, sondern auch fuer die in Deutschland taetigen auslaendischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Die SPD-Bundestagsfraktion forderte die Sozialpartner anlaesslich der Anhoerung auf, zuegig die Verhandlungen zum Abschluss zu bringen, damit nach Verabschiedung des Gesetzes die Verordnungsverfahren ohne Verzoegerung beginnen koennen. Wir wollen, dass Beschaeftigte einen fairen Lohn erhalten und Unternehmen durch Qualitaet, Innovation, fairen Wettbewerb und motivierte Mitarbeiter erfolgreich sind.
Mit den beiden vorliegenden Gesetzentwuerfen werden wichtige Rahmenbedingungen festgelegt, mit denen die Wirtschaft und Arbeitnehmer sowie ihre Interessenvertretungen auch weiterhin massgeblich die Loehne festsetzen koennen. Das sichert, dass die Loehne sozialvertraeglich und marktgerecht sind. Das Arbeitnehmer-Entsendegesetz hat sich zum Beispiel im Bauhauptgewerbe, bei der Gebaeudereinigung und den Briefdienstleistungen bewaehrt.
Wir, die SPD-Bundestagsfraktion, wollen einen flaechendeckenden Mindestlohn. Die acht Branchen, deren Antraege im Arbeitsministerium vorliegen, muessen den Mindestlohn erhalten.
Es ist ausserordentlich zu begruessen, dass durch eine staatliche Mindestlohnverordnung auch in Wirtschaftszweigen mit geringer Tarifbindung, bei denen kein tarifgestuetzter Mindestlohn per Rechtsverordnung erstreckt werden kann, durch den Haupt- und Fachausschuss ein Mindestlohn gesetzlich festgelegt werden kann. Die Sachverstaendigen haben sich ueberwiegend dafuer ausgesprochen, dass dieser festgelegte Mindestlohn nicht durch Tarifvertraege unterboten werden darf.
Bei der Zeitarbeit werden die Folgen deutlich. Die fast flaechendeckende Tarifbindung fuehrt dennoch zu einer Abwaertsspirale der Loehne. Gerade hier brauchen wir eine neue Ordnung fuer die tarifliche Lohnfindung. Die Blockadehaltung ist nicht begruendet, da vor allem diese Branche die Voraussetzung, die der Koalitionsausschuss festgelegt hat, erfuellt.
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