Keine chinesische Mauer, sondern professionelle Strukturen für die binnenplurale Kontrolle bei…
Keine chinesische Mauer, sondern professionelle Strukturen für die binnenplurale Kontrolle bei ARD, ZDF und dem Deutschlandfunk
Anlässlich des gestern vorgestellten Entwurfs der EU-Rundfunkmitteilung zur Beihilfefinanzierung des öffentlichen-rechtlichen Rundfunks erklärt der Vorsitzende der Medienkommission beim SPD-Parteivorstand, Marc Jan Eumann MdL:
In dem jetzt vorgestellten Entwurf der Rundfunkmitteilung zur Beihilfefinanzierung weist die EU-Kommission mehrfach zu Recht darauf hin, dass es Aufgabe der Mitgliedsstaaten ist, den öffentlichen-rechtlichen Auftrag zu definieren. Eine solche Definition nehmen die Länder gerade beim 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag vor. Dabei steht für die SPD außer Frage, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland nicht nur eine Bestands-, sondern auch die verfassungsrechtlich gebotene Entwicklungsgarantie haben muss. Aus Sicht der SPD-Medienkommission stellt der Entwurf zum 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag beides sicher.
Die Präzisierung des Funktionsauftrages, die Beauftragung aller TV- und 64 Hörfunkunkprogramme, ein neues Dradio Wissen des Deutschlandfunks, der volle Rundfunkauftrag auch bei Telemedien, die Abgrenzung zu presseähnlichen Angeboten, eine Negativliste sowie die Selbstverpflichtung einer Kostendeckelung bei Telemedien und ehemaligen Digitalkanälen sind ein zwar aufwendiger, aber insgesamt geeigneter Instrumentarienmix.
Der 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag garantiert damit das qualitativ und quantitativ weltweit einmalige gebührenfinanzierte öffentlich-rechtliche Rundfunkangebot in Deutschland.
Der 3-Stufen-Test, den neue und bestehende Telemedienangebote in Zukunft durchlaufen müssen, ist dabei für die Gremien Chance und Herausforderung zugleich. Im 3-Stufen-Test sind unter anderem Aussagen darüber zu treffen, wie weit das Angebot den demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Gesellschaft entspricht, in welchem Umfang das Angebot in qualitativer Hinsicht zum publizistischen Wettbewerb beitragen wird und welcher finanzielle Aufwand für das Angebot erforderlich ist. Zur Beurteilung der sogenannten „marktlichen“ Auswirkungen müssen nicht nur Dritte angehört werden, sondern verbindlich Gutachten eingeholt werden.
In dem gestern vorgestellten Entwurf formuliert die EU-Kommission Verfahrensvorschläge. Dabei verkennt sie insbesondere in der Randziffer 62 die erfolgreiche binnenplurale Struktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland. Es geht nicht um chinesische Mauern, wie es die Kommission formuliert, sondern um professionelle und unabhängige Strukturen der binnenpluralen Aufsicht im öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland.
Dabei steht außer Frage, dass die Gremien sich mit Blick auf die Durchführung des 3-Stufen-Testes professionalisieren müssen. Das bedeutet unter anderem, dass die Gremien eine neue Infrastruktur aufbauen müssen, die – ähnlich wie bei Datenschutzbeauftragten – unabhängig beispielsweise von Weisungen der Intendanten sind. Auch seien die Gremien insgesamt gefordert, Kriterien und Verfahren miteinander zu verabreden, wie mit dem 3-Stufen-Test zu verfahren ist. Das ist nicht die Sache von Justitiaren der Rundfunkanstalten, sondern hier sind die Gremien von Anfang an gefragt und gefordert. Auch die Auswahl der Gutachter obliegt ausschließlich der Gremienverantwortung. Denn am Ende entscheiden die Gremien, ob es beispielsweise neue Telemedienangebote gibt – oder nicht.
Wünschenswert ist es, dass die Gremien von ARD, ZDF und dem Deutschlandfunk eng und intensiv zusammenarbeiten. Dies ist gerade jetzt von entscheidender Bedeutung, denn am Anfang werden die Weichen dafür gestellt, ob es den Gremien und damit der binnenpluralen Kontrolle gelingt, diese Herausforderung erfolgreich zu meistern. Die Gremien sind deshalb gut beraten, eine gemeinsame Struktur aufzubauen, die dann von der jeweiligen Landesrundfunkanstalt, dem ZDF und dem Deutschlandfunk in Anspruch genommen werden kann. So ist zu überlegen, ob nicht beim Gremium einer Landesrundfunkanstalt, in Abstimmung mit den Gremien von ZDF und Deutschlandfunk, ein „Kompetenzzentrum 3-Stufen-Test“ aufgebaut werden kann, auf das alle anderen Gremien zurückgreifen können. Das ist mit Blick auf die Effektivität des Verfahrens und einen effizienten Einsatz von Gebührengeldern eine mögliche Antwort.
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