Erklärung des DGB zum 70. Jahrestag der Pogromnacht

Berlin

Erklärung des DGB zum 70. Jahrestag der Pogromnacht

Der 9. November 1938 gehört in der deutschen Geschichte zu den Tagen, an die man sich wohl immer mit Entsetzen erinnern muss. Das Terrorregime der Nazis verschärfte die Repression gegen die jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger und organisierte eine Pogromnacht, die sich gegen jüdische Einrichtungen in Deutschland richtete. Wie wir heute wissen, war das der Auftakt zur systematischen Vernichtung jüdischen Lebens in Deutschland und in Europa.

Der 9. November 1938 jährt sich nun zum siebzigsten Mal. Der Deutsche Gewerkschaftsbund gedenkt zum einen der Opfer dieser Untaten. Und zum anderen soll auch daran erinnert werden, was die Pogromnacht am 9. November 1938 ermöglichte. Da gab es das Versagen der demokratischen Parteien und der Einrichtungen der Zivilgesellschaft. Sie haben den Aufstieg der Nazis im Januar 1933 an die Schaltstellen der Regierungsmacht nicht verhindert. Die Gegner der Nazis wurden verfolgt, gefoltert, ermordet. Die demokratischen Parteien und Politiker wurden ausgeschaltet und zu Opfern des Naziterrors. Schon fünf Jahre später gab es in Deutschland keine demokratischen Organisationen mehr und nur noch vereinzelt den Mut, den mit Staatsmacht ausgestatteten Rassisten entgegenzutreten und die zum Freiwild erklärten jüdischen Mitbürger zu schützen. Viele, allzu viele haben sich untätig verhalten, resigniert, weggeschaut. Die Mehrheit der Bevölkerung hat die Täter gewähren lassen. Die Fotos brennender jüdischer Gebetshäuser und eingeschlagener Schaufenster an Geschäften mit jüdischen Besitzern zeigen beides: Das Entsetzen der unfreiwilligen und machtlosen Zuschauer, aber auch den Triumph der Täter in den braunen Uniformen und ihrer feixenden Helfer und Bewunderer.

Das alles lehrt uns 75 Jahre nach der Etablierung der Nazi-Diktatur und 70 Jahre nach der Pogromnacht, wie sehr es darauf ankommt, Rassisten und Nazis von Anfang an zu widersprechen und ihnen entgegenzutreten. 70 Jahre danach gibt es immer noch Antisemitismus und rassistische Ausgrenzungen. Rechtsextreme Organisationen und Parteien wie die NPD versuchen, den millionenfachen Mord an Juden, Sinti und Roma, Gewerkschaftern, Intellektuellen und Demokraten herabzusetzen. Sie leugnen den Holocaust und beleidigen die Opfer des Nationalsozialismus und ihre Angehörigen. Für den Deutschen Gewerkschaftsbund ist die siebzigste Wiederkehr des Tages, an dem die Nazis die Pogromnacht organisierten, ein Anlass mehr, ein Verbot aller Organisationen und Parteien zu fordern, die Nazi-Greueltaten auch heute noch verherrlichen, deren Opfer verhöhnen sowie Demokratie, Freiheit und Menschenrechte beseitigen wollen.

Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter fühlen sich mit den Opfern verbunden und ehren die Wenigen, die auch unter schwierigsten Bedingungen und unter Einsatz ihres Lebens und ihrer Freiheit dafür eingetreten sind, die Würde des Menschen zu schützen. Die demokratische Gesellschaft unserer Tage lebt vom Eintreten der Bürgerinnen und Bürger für die Freiheit, für Gerechtigkeit und Toleranz.

Die Gewerkschaften unterstreichen nachdrücklich die vom Bundestag unterstützte Forderung nach einer verstärkten Förderung demokratischer Einstellungen, der Vermittlung von Kenntnissen zum jüdischen Leben in Deutschland und zur jüdischen Geschichte in den Schulen. Wir freuen uns darüber, dass jüdisches Leben schon lange wieder Teil einer vielfältigen Kultur in Deutschland geworden ist. Gewerkschaften setzen sich dafür ein, dass das nie wieder in Frage gestellt wird.

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