Bundeshaushalt 2009: klarer Weg zur Stabilisierung in unsicherer Zeit
Bundeshaushalt 2009: klarer Weg zur Stabilisierung in unsicherer Zeit
Nach Abschluss der Beratungen zum Bundeshaushalt 2009 erklaeren die haushaltspolitischen Sprecher der Koalitionsfraktionen Carsten Schneider (SPD) und Steffen Kampeter (CDU/CSU):
Seit der Haushaltsaufstellung 2009 im Juli dieses Jahres hat sich die wirtschaftliche Situation dramatisch veraendert. Die Finanzmarktkrise hat uns – ausgehend von den USA und verschaerft durch den Lehman Brothers Konkurs Mitte September – vollends erwischt. Sie weitet sich zunehmend auch auf die Realwirtschaft nicht nur in Deutschland aus. Wir sind – in Deutschland wie weltweit – in einer Rezession, von der wir weder Dauer noch Tiefe genau kennen.
Den systemisch wichtigen Bereichen unserer Wirtschaft, die unmittelbar und heftig von der Finanzmarktkrise betroffen sind, muss unsere besondere Aufmerksamkeit gelten, vor allem dem privaten Konsum sowie den kleinen und mittleren Unternehmen – beides Tragpfeiler unserer Konjunktur. Die Grosse Koalition hat deshalb in enger Abstimmung mit der Bundesregierung wichtige Massnahmenpakete ergriffen:
– Um das Vertrauen in das Finanzsystem zu staerken, wurden zur Stabilisierung der Finanzmaerkte umfangreiche Hilfen von bis zu 480 Milliarden Euro zur Behebung von Liquiditaetsengpaessen und zur Staerkung des Eigenkapitals von Finanzinstitutionen beschlossen („Finanzmarktstabilisierungsfonds“).
– Gleichzeitig wurde mit einem Massnahmenpaket zur Senkung der steuerlichen Belastung, der Stabilisierung der Sozialversicherungsausgaben und fuer Investitionen in Familien eine spuerbare Entlastung der Buerger im Volumen von ueber sechs Milliarden Euro in 2009 und von fast 14 Milliarden Euro jaehrlich ab 2010 beschlossen.
– Fuer Schluesselbereiche der deutschen Wirtschaft wurde darueber hinaus ein umfassendes Massnahmenpaket zur Beschaeftigungssicherung durch Wachstumsstaerkung auf den Weg gebracht.
Den Bundeshaushalt muss diese Situation zwangslaeufig veraendern. Der notwendigen Wirtschaftsstabilisierung muss zu Lasten des Konsolidierungsziels derzeit eindeutig der Vorrang gegeben werden. Denn Konsolidierung wird nur bei prosperierender Wirtschaft nachhaltig erfolgreich sein.
Die Haushaltspolitiker der Grossen Koalition muessen das Ziel zurueckstellen, wie bislang vorgesehen fuer 2011 einen Bundeshaushalt ohne Neuverschuldung zu erreichen. Aber am grundlegenden Ziel eines ausgeglichenen Bundeshaushaltes haelt die Grosse Koalition nach wie vor fest. Ein Bundeshaushalt ohne Neuverschuldung soll in der naechsten Legislaturperiode erreicht werden.
Dies alles hat zu einer unvermeidbaren Erhoehung der Nettokreditaufnahme 2009 gegenueber dem Entwurf von 10,5 Milliarden Euro auf 18,5 Milliarden Euro gefuehrt. Allein rund 4,5 Milliarden Euro der zusaetzlichen Ausgaben koennen auf das sachlich gebotene Wirkenlassen automatischer Stabilisatoren zurueckgefuehrt werden. Allein die aktuelle Steuerschaetzung Anfang November fuehrt beim Bund zu Steuermindereinnahmen von rund 2,2 Milliarden Euro in 2009. Auch fehlen uns Mittel wegen notwendig vorsichtigerer Veranschlagung der Privatisierungseinnahmen. Ausserdem mussten die Ausgaben fuer das Arbeitslosengeld II erhoeht werden.
Im Einzelnen zu Aenderungen im parlamentarischen Verfahren:
In Rahmen der parlamentarischen Beratung konnten die Investitionen um 1,35 Milliarden Euro auf 27,22 Milliarden Euro aufgestockt werden. Damit hat die Grosse Koalition, in der aktuellen finanz- und wirtschaftspolitischen Situation notwendige Prioritaeten gesetzt und Beschaeftigungsimpulse gegeben.
Die ausgabewirksamen Massnahmen des Pakets „Beschaeftigungssicherung durch Wachstumsstaerkung“ wurden umgesetzt (vgl. Anlage). Fuer die Umsetzung der steuerrechtlichen Regelungen des Pakets mussten fuer 2009 Steuermindereinnahmen von 1,427 Milliarden Euro eingestellt werden.
Aufgrund der erfreulichen Entwicklung des Energiepreises fuer Steinkohle koennen im Rahmen des bestehenden Kohlekompromisses die Zuschuesse des Bundes fuer den Absatz der deutschen Steinkohle um knapp 400 Millionen Euro gesenkt werden.
200 Millionen Euro haben wir zusaetzlich fuer Investitionen in Berufsbildungseinrichtungen und bei den Grossforschungseinrichtungen bereitgestellt, um den Standard der Einrichtungen zu heben, die internationale Wettbewerbsfaehigkeit zu staerken sowie auch hier Beschaeftigungsimpulse zu geben.
Mit weiteren 150 Millionen Euro werden wir Investitionen in UNESCO-Weltkulturerbestaetten foerdern, die in Deutschland liegen, wie zum Beispiel notwendige Restaurierungen, bausicherungsrechtliche Massnahmen, bessere Erschliessung und viele mehr. Die gegenwaertig 33 Denkmaeler sind nicht nur historische Ankerpunkte, sondern auch wichtig fuer die Attraktivitaet der Staedte und Regionen.
Weitere Impulse insbesondere fuer den Mittelstand gehen von zusaetzlichen Mitteln von jeweils zehn Millionen Euro fuer die Technologiefoerderung Mittelstand beziehungsweise fuer die Forschungsinfrastruktur fuer den Mittelstand aus. Wir haben damit die Mittelstandsfoerderung ergaenzt, die im Massnahmenpaket der Bundesregierung bereits angelegt war, insbesondere dort durch die 200 Millionen Euro zusaetzlich fuer die Gemeinschaftsaufgabe Regionale Wirtschaftsstruktur.
Um die deutsche Politik der Friedenserhaltung in den internationalen Krisenherden zu staerken, werden unter anderen zusaetzlich 30 Millionen Euro fuer zivile Massnahmen der Krisenpraevention, Friedenserhaltung und Konfliktbewaeltigung und weitere Mittel fuer das humanitaere Minenraeumens bereit gestellt. Auch die Stabilitaetspakte Afghanistan und Suedosteuropa werden um 50 Millionen Euro aufgestockt.
Nach der Zustimmung zur LKW-Mauterhoehung im Bundesrat koennen die Einnahmen im Haushalt fuer unterschiedliche Verkehrsbereiche endgueltig verplant werden. Dadurch wird ein erhebliches Investitionsvolumen gesichert. Durch diese Infrastrukturmassnahme wird ein spuerbar nachhaltiger Effekt auf die Wirtschaft ausgehen. Diesen Effekt wurde durch die zusaetzlichen zwei Milliarden Euro aus dem Massnahmenpaket der Bundesregierung in Strasse, Schiene und Wasserstrasse noch verstaerkt. Zugleich haben wir Voraussetzung fuer wichtige verkehrspolitische Projekte wie Stuttgart 21 und den Rhein-Ruhr-Express geschaffen.
Aufgrund des grossen Erfolgs des CO2-Gebaeudesanierungsprogramms werden allein zur Unterlegung bereits erfolgter Foerderzusagen weitere 55 Millionen Euro in 2009 eingestellt. 45 Millionen Euro aus dem Massnahmenpaket werden fuer Massnahmen der staedtebaulichen Foerderung umgeschichtet, um auch fuer den Stadtumbau in West und Ost sowie den experimentellen Staedtebau wichtige Impulse anzustossen.
Die erfreuliche Entwicklung bei der Inanspruchnahme des Elterngelds sowie bei der gestiegenen Geburtenzahl schlaegt sich in einer Erhoehung der Ausgaben fuer das Elterngeld um rund 255 Millionen Euro nieder.
2009 feiern wir das 20jaehrige Jubilaeum des Mauerfalls. Daher werden 15 Millionen Euro fuer ein Freiheits- und Einheitsdenkmal zur Verfuegung gestellt.
Wir tun mehr fuer die Integration: Die Durchfuehrungsmittel fuer Integrationskurse wurden um knapp 20 Millionen Euro erhoeht, um insbesondere Menschen aus einkommensschwachen Haushalten mehr Chancen zu geben. Gleichzeitig ist es uns gelungen, die Mittel zur Bekaempfung des Rechtsextremismus auf dem hohen Niveau von 24 Millionen Euro zu halten.
Die pauschale Einsparquote bei Personal von 0,6 Prozent liegt zwar unterhalb der Einsparquote von 2008 von 0,9 Prozent, aber gegenueber dem Entwurf blieb sie unveraendert, weil kein Spielraum fuer weitere Stellenkuerzungen mehr gesehen wurde. Gleichzeitig wurden vereinzelt unabdingbare Stellenverstaerkungen vorgenommen, beispielsweise zur Umsetzung des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes in allen betroffenen Ressorts sowie beim Bundesrechnungshof.
Der Rahmen fuer Gewaehrleistungsermaechtigungen wird gegenueber dem Regierungsentwurf deutlich um 50 Milliarden Euro auf 359 Milliarden Euro erhoeht. Er traegt der beschlossenen Abschirmung der Hypo Real Estate (bis zu 35 Milliarden Euro) sowie der Absicherung der KfW fuer Massnahmen des Programms „Beschaeftigungssicherung durch Wachstumsstaerkung“ Rechnung.
Darueber hinaus hat der Haushaltsausschuss die generelle Verstaerkungsmoeglichkeit des Gewaehrleistungsrahmens, deren Inanspruchnahme der Einwilligung des Haushaltsausschusses bedarf, von 20 Prozent auf 30 Prozent erhoeht. Die zusaetzlichen 10 Prozent ermoeglichen weitere 36 Milliarden Euro Gewaehrleistung, sofern notwendig. Damit erreicht der maximal in 2009 zur Verfuegung stehende Gewaehrleistungsrahmen einen Hoechstwert von etwa 467 Milliarden Euro.
Ausserdem ist jetzt gesetzlich festgelegt, dass vor der beabsichtigten Uebernahme eine Eventualverpflichtung in Hoehe von mehr als einer Milliarden Euro des Haushaltsausschuss zu unterrichten ist.
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