Zunehmende Diskrepanz zwischen handels- und steuerrechtlicher Bilanz
Zunehmende Diskrepanz zwischen handels- und steuerrechtlicher Bilanz
Das deutsche Bilanzrecht soll modernisiert und vereinfacht werden. Bereits im Mai dieses Jahres hat die Bundesregierung einen entsprechenden Gesetzesentwurf verabschiedet. „Ziel ist es, eine kostengünstige Alternative zu den International Financial Reporting Standards (IFRS) bieten“, erläutert Steuerberaterin Corinna Zachert von der FPS Lahann + Partner Steuerberatungsgesellschaft mbH in Hamburg. Viele Änderungen im Gesetz sollten ab dem Geschäftsjahr 2009 wirksam werden. Aufgrund des erst am 17.12.2008 vorgesehenen Termins für eine öffentliche Expertenanhörung und der danach notwendigen Lesungen im Bundestag wird nicht mehr vor Mai/Juni 2009 mit dem Gesetz gerechnet. Die neuen Vorschriften finden daher erst auf Jahres- und Konzernabschlüsse für nach dem 31.12.2009 beginnende Geschäftsjahre Anwendung.
Da Handels- und Steuerrecht immer weiter voneinander abweichen, gerät mittlerweile die Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen Jahresbilanz ins Wanken. „Die bisher übliche Erstellung einer Einheitsbilanz erscheint zukünftig nicht mehr realisierbar. Vielmehr werden die betroffenen mittelständischen Unternehmen in Zukunft Handels- und Steuerbilanz getrennt aufstellen müssen“, meint Steuerberaterin Zachert. Die Bundesregierung zieht deshalb bereits ein eigenständiges Steuerbilanzrecht in Erwägung.
Der bisherige Gesetzesentwurf vom Mai 2008 sieht vor, Einzelkaufleute mit einem Jahresumsatz unter 500.000 Euro sowie einem Jahresüberschuss unter 50.000 Euro in zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren von der Verpflichtung zur Bilanzierung und Buchhaltung zu befreien. Um den Überblick nicht zu verlieren, rät Steuerberaterin Zachert den betroffenen Gewerbetreibenden, trotzdem genau Buch zu führen.
Immaterielle Vermögensgegenstände wie Patente oder erarbeitetes Know-how sollen nach neuem Bilanzrecht keinem Aktivierungsverbot mehr unterliegen. Unternehmen wären demnach verpflichtet, die Kosten für die Entwicklung von immateriellen Wirtschaftsgütern in die Handelsbilanz mit aufzunehmen. Steuerlich müssen diese unverändert nur erfasst werden, wenn sie entgeltlich erworben wurden. Der entgeltlich erworbene Geschäfts- oder Firmenwert muss hingegen aus steuerlicher Sicht immer aktiviert werden und unterliegt einer 15 Jahre andauernden Abschreibung.
Relativ umfassend sind die neuen Regelungen zu Rückstellungen. Diese sind mit dem Erfüllungsbetrag, also unter Berücksichtigung künftiger Preis- und Kostensteigerungen anzusetzen. Außerdem müssen Rückstellungen mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr abgezinst werden. Basis ist der durchschnittliche Marktzinssatz der vergangenen sieben Geschäftsjahre. „Aus steuerlicher Sicht wird es bei einem festgelegten Abzinsungszinssatz von 5,5 Prozent für Rückstellungen bleiben“, erklärt Steuerberaterin Zachert, „auch dürfen künftige Preis- und Kostensteigerungen steuerlich nicht berücksichtigt werden.“ In der Praxis wirken sich die neuen handelsrechtlichen Rückstellungsregeln vor allem dadurch aus, dass höhere Pensionsrückstellungen notwendig werden. Diese dürfen die Unternehmen allerdings über 15 Jahre hinweg ansammeln.
Neben den genannten Änderungen soll laut Gesetzesentwurf die handelsrechtliche Herstellungskostenuntergrenze an die steuerliche Untergrenze angeglichen werden. Außerdem müssen Kapitalgesellschaften zukünftig sowohl passive latente Steuern als auch aktive latente Steuern in die Handelsbilanz mit aufnehmen, welche in der Steuerbilanz keinen Ansatz finden. Die vom Gesetzgeber vorgegebenen Schwellenwerte, die festlegen, ab wann eine Kapitalgesellschaft als klein, mittelgroß oder groß eingestuft wird, sollen erhöht werden. Bilanzsumme, Umsatzerlöse sowie Arbeitnehmeranzahl steigen um 20 Prozent, während die große Kapitalgesellschaft weiterhin gleich eingestuft wird. Diese Gesetzesänderung soll allerdings aus EU-rechtlichen Gründen bereits rückwirkend ab 2008 gelten.
Hinweis für die Redaktion
Die FPS Lahann + Partner Steuerberatungsgesellschaft mbH berät in allen Fragen des Wirtschafts- und Steuerrechts. Betreut werden Personen- und Kapitalgesellschaften aller Größenordnungen und vieler Wirtschaftszweige, aber auch Einzelpersonen im gesamten Bundesgebiet. Die Gesellschaft ist Kooperationspartner im Netzwerk von FPS Fritze Paul Seelig.
FPS Fritze Paul Seelig ist eine der führenden Wirtschaftskanzleien in Deutschland mit Standorten in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt und Hamburg. Hinzu kommen Kooperationen mit Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern. Rund 100 Rechtsanwälte und Notare (Berlin und Frankfurt), Steuerberater und Wirtschaftsprüfer betreuen Unternehmen in der gesamten Bandbreite des Wirtschaftsrechts, u.a. im Handels- und Gesellschaftsrecht, im Gewerblichen Rechtsschutz sowie im Immobilien- und Baurecht.
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