Kräftiger Einbruch der Logistikkonjunktur, aber keine Anzeichen einer Kreditklemme

Kräftiger Einbruch der Logistikkonjunktur, aber keine Anzeichen einer Kreditklemme

Der BVL/DIW Logistik-Indikator im ersten Quartal 2009

Zum Jahresauftakt hat sich die konjunkturelle Abschwächung in der deutschen Logistikwirtschaft weiter beschleunigt. Der BVL/DIW Logistikindikator gab gegenüber dem Vorquartal 34 Punkte ab und liegt nunmehr mit 75,5 Punkten deutlich im negativen Bereich. Zum Vergleich: Eine konjunkturelle Normalsituation entspricht einem Wert von 100. „Dieser Rückgang um 31 Prozent ist der bislang kräftigste seit Beginn der Befragung“, sagte DIW-Konjunkturexperte Stefan Kooths. „Das Klima in der Logistikwirtschaft ist regelrecht abgestürzt: Vor allem die Lage wird jetzt mit minus 42 Prozent deutlich schlechter beurteilt als noch im Vorquartal.“ Die Erwartungen gaben mit minus 17 Prozent weniger stark nach.

Unternehmen planen keine Neueinstellungen mehr

Die Logistikdienstleister – also die Anbieter – schätzen ihre Lage sogar um fast 65 Prozent schlechter ein als im Vorquartal. Die Auftrags- und Geschäftsentwicklung in den nächsten zwölf Monaten wird zwar weniger pessimistisch gesehen, die Unternehmen planen aber keine Neueinstellungen mehr wie im letzten Quartal und wollen Kapazitäten abbauen. Demgegenüber haben sich die Erwartungen stabilisiert. Dies könnte das Ende des Abwärtstrends signalisieren. Doch Stefan Kooths ist sich sicher: „Die Befragten glauben nicht mehr an eine rasch überwindbare Delle, sondern stellen sich bis ins nächste Jahr hinein auf ein geringeres Aktivitätsniveau ein“.

Das Logistikklima in Industrie und Handel hat zwar ebenfalls deutlich um gut 24 Prozent nachgegeben, es liegt aber immer noch in der Nähe einer konjunkturellen Normalsituation. Die Lageeinschätzung zeigt sich mit einem Indexstand von 103 Punkten angesichts der allgemein sehr kräftigen konjunkturellen Abschwächung immer noch sehr robust. Offenbar wurden bislang nur Überkapazitäten abgebaut und ausgelagerte Logistik verstärkt in das eigene Unternehmen zurückgeholt. Die Erwartungen sind jedoch mit einem Rückgang um 26,5 Prozent erstmals deutlich eingetrübt. Während die inländischen Aktivitäten zurückgehen dürften, zeichnet sich für die grenzüberschreitenden Leistungen eine Stagnation ab. Die Anwender reagieren hierauf – ähnlich wie die Anbieter – mit einer Kapazitätsanpassung. Auch sie planen erstmals keine Neueinstellungen und wollen ihre Kapazitäten leicht zurückfahren.

„Je rasanter die Talfahrt, desto größer wird der Handlungsdruck für alle“, sagte Raimund Klinkner, Vorstandsvorsitzender der Bundesvereinigung Logistik (BVL). „Es gilt, Kostentreiber aktiv zu identifizieren und zu beseitigen, um Logistikleistungen ’schlanker‘ erzeugen zu können. Interne Strukturen müssen schonungslos überprüft werden. Auch Personalabbau wird sich nicht vermeiden lassen. Jetzt besteht die Möglichkeit, etwas nachzuholen, für das in der Hochkonjunktur nicht ausreichend Zeit zur Verfügung stand: Die Verbesserung der Qualifizierung der Mitarbeiter. Darüber hinaus muss weiter an Innovationen gearbeitet werden.“

Die Finanzkrise hat die Kapitalbeschaffung der Unternehmen bislang mehrheitlich nicht negativ beeinflusst. Dies geht aus der einer Sondererhebung hervor. Demnach sehen 60 Prozent der befragten Anbieter und knapp 70 Prozent der Anwender keine negativen Auswirkungen. „Bislang gibt es keine Kreditklemme bei der Unternehmensfinanzierung in Deutschland. Unsere Umfrage deutet darauf hin, dass dies auch für den Großteil der Logistikunternehmen gilt“, sagte Stefan Kooths. Dabei sei allerdings zu beachten, dass die Finanzkrise als Verursacher einer Kreditklemme mit zunehmender konjunktureller Abschwächung immer schwieriger festzustellen sei, da Banken in ihrer Kreditvergabe, aber auch Kapitalanbieter auf den Wertpapiermärkten zunehmend Risikokomponenten kalkulierten, die auch ohne die Finanzkrise bei einer Rezession eingetreten wären.

Der BVL/DIW Logistik-Indikator: Ein wichtiger konjunktureller Seismograph für den Exportweltmeister Deutschland

Die Logistikwirtschaft ist mit 2,6 Millionen Beschäftigten der drittgrößte Wirtschaftsbereich in Deutschland und wurde in ihrer volkswirtschaftlichen Bedeutung lange statistisch nicht ausreichend erfasst. Seit 2006 schließt der BVL/DIW-Logistik-Indikator diese Lücke. Dem Indikator liegen die Einschätzungen der Top-200-Logisitik-Unternehmen zugrunde. Kennzeichnend für den vierteljährlichen Indikator ist, dass beide Seiten des Logistikmarktes befragt werden – Logistik-Dienstleister einerseits, Anwender aus Industrie und Handel andererseits.

www.diw.de/logistikindikator

Renate Bogdanovic
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