Konzessionsverträge: Wettbewerb ist wichtig | Deutscher Städtetag

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Energiewirtschaftsrecht / Konzessionsvergabe | Deutscher Städtetag

Konzessionsverträge: Wettbewerb ist wichtig

Die leitungsgebundene Energieversorgung ist auf die Nutzung öffentlicher Straßen und Wege angewiesen. Mit der Auswahl des Energieversorgungsunternehmens entscheiden Städte und Gemeinden, wer das örtliche Energieversorgungsnetz betreibt. Jedoch ist es für die Gemeinden nicht immer einfach festzulegen, mit wem sie den Konzessionsvertrag abschließen soll.

Bochum / Essen, 5. Mai 2009 ? Anlässlich der Hauptversammlung des deutschen Städtetages ? ?Städtisches Handeln in Zeiten der Krise? vom 12. bis 14. Mai 2009 in Bochum informiert Rechtsanwalt Dr. Hans-Christoph Thomale aus der Kanzlei Aulinger Rechtsanwälte, was beim Vertragsabschluss zu beachten ist.

Anforderungen für die Vergabe von Konzessionsverträgen enthält § 46 EnWG, der allerdings keine konkreten Kriterien für die Auswahl des Konzessionsvertragspartners vorgibt. Deshalb obliegt diese der jeweiligen Kommune, die Folgendes beachten muss:

1. Die Pflichten einer Gemeinde bei der Ausschreibung
Bei einer Beendigung und einem Neuabschluss von Konzessionsverträgen hat die Gemeinde zunächst bestimmte Bekanntmachungspflichten einzuhalten. So ist spätestens zwei Jahre vor Ablauf eines Konzessionsvertrags das Vertragsende öffentlich anzukündigen ? grundsätzlich im Bundesanzeiger oder im elektronischen Bundesanzeiger und außerdem im Amtsblatt der Europäischen Union, wenn an das Versorgungsnetz im Gemeindegebiet mehr als 100.000 Kunden unmittelbar oder mittelbar angeschlossen sind. Damit sollen interessierte Unternehmen von der Möglichkeit des Vertragsabschlusses im Wettbewerb Kenntnis erlangen, um sich bei der Gemeinde um die Konzession bewerben zu können.

2. Was die Ausschreibung enthalten muss
Die Anforderungen an den Inhalt der Bekanntmachung sind nicht vorgegeben. Grundsätzlich sollte sie Angaben darüber enthalten, welche Konzession zu vergeben ist, sowie allgemeine Informationen über das Energieversorgungsnetz. Darüber hinaus empfiehlt es sich aus Gründen der Transparenz, eine Interessensbekundungsfrist festzulegen, bis zu deren Ablauf Unternehmen ihr Interesse gegenüber der Gemeinde anzuzeigen haben. Eine unterlassene Bekanntmachung führt zur Nichtigkeit des neu abgeschlossenen Konzessionsvertrages, da es der Gemeinde untersagt ist, Konzessionsverträge ohne Bekanntmachung abzuschließen. Diese muss mindestens zwei Jahre vor Vertragsende erfolgen.

3. Wettbewerb gewährleisten
Der Gesetzgeber hat neben den einzuhaltenden Bekanntmachungspflichten keine weiteren Kriterien für die Ausgestaltung des Verfahrens zur Vergabe eines Konzessionsvertrages vorgeschrieben. Gleichwohl wird aus der Regelung des § 46 Abs. 3 EnWG die Verpflichtung der Gemeinde abgeleitet, ein wettbewerbliches Auswahlverfahren zu realisieren, um zumindest ansatzweise einen Wettbewerb um Wegenutzungsverträge zu ermöglichen. Insofern sind bei der Auswahl des künftigen Konzessionärs die Grundsätze von Transparenz und Gleichbehandlung zu wahren. Dies dürfte notwendig machen, all jene, die eine Interessenbekundung abgegeben haben, mit den für ein Angebot notwendigen Informationen über das Netz auszustatten und sie in die Lage zu versetzen, die aufgestellten Verfahrensbedingungen einzuhalten. Dazu gehören vor allem Angebots- oder Erklärungsfristen und die Auswahlkriterien. Dabei ist es ohne Weiteres möglich, das Auswahlverfahren in mehrere Phasen zu gliedern. Hierbei stellt die Gemeinde den Interessenten zunächst nur Rahmendaten zum Netz zur Verfügung, bevor dann die in die engere Wahl kommenden Bewerber weitergehende Informationen erhalten.

4. Gemeinde hat Entscheidungsspielraum
Was den eigentlichen Inhalt der Auswahlkriterien anbelangt, enthält § 46 EnWG ebenfalls keine konkreten Hinweise. Grundsätzlich verbleibt der Gemeinde jedoch ein erheblicher kommunaler Entscheidungsspielraum bei der Bildung von Auswahlkriterien. In der Praxis lässt sich beobachten, dass die Gemeinden bei ihrer Auswahlentscheidung beziehungsweise der Bildung von Auswahlkriterien bestimmte Vorgaben des EnWG heranziehen. Auch wenn derartige Kriterien für eine differenzierende Bewertung der Interessenten eher ungeeignet sind, da es sich insofern um vorgegebene gesetzliche Anforderungen handelt, sind sie gleichwohl sinnvoll, soweit die Gemeinde diese als Mindestbedingungen (?K.-o.-Kriterien?) versteht, bei deren Unterschreitung ein Bewerber vom Auswahlverfahren (in einer ersten Stufe) ausgeschlossen wird. Kriterien, die in deutlicherem Maße eine Differenzierung zwischen den Bewerbern zulassen, sind beispielsweise die Abfrage und die Bewertung von Referenzen im Netzbetrieb, der Nachweis einer hinreichenden Ausstattung mit qualifiziertem Personal sowie die Darstellung eines überzeugenden Betriebskonzepts in organisatorischer, personeller und struktureller Hinsicht. Um die Auswahlentscheidung zu steuern, empfiehlt sich schließlich eine Gewichtung und Bewertung der zum Einsatz kommenden Auswahlkriterien anhand einer sogenannten ?Wertungsmatrix?. Eine solche Vorgehensweise auf Verwaltungsseite gewährleistet im besonderen Maße einen transparenten und nachvollziehbaren Wertungsprozess.

5. Die Auswahl der Angebote
Bei der Bewertung der Angebote dürfen selbstverständlich auch die wirtschaftlichen Interessen des bisherigen Netzbetreibers als Netzeigentümer (mit-)bewertet werden. Dies kommt vor allem dann zum Tragen, wenn die Bewerbungen beziehungsweise Angebote der interessierten Unternehmen im Wesentlichen gleich zu bewerten sind. Mit dem Unternehmen, das im ?Auswahlprozess? am besten abschneidet, kann die Gemeinde dann Vertragsverhandlungen über den Abschluss eines Konzessionsvertrages aufnehmen. Dies gilt selbstverständlich auch, wenn sich nur ein einziges Unternehmen um die Konzession bewirbt. Im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben verbleibt der Gemeinde und dem Bewerber ein großer Spielraum für die Ausgestaltung der konzessionsvertraglichen Beziehungen. Für die Gemeinde sind vor allem folgende Inhalte von Konzessionsverträgen besonders wichtig:

? Zahlung von Konzessionsabgaben,
? Folgepflicht und Folgekosten sowie
? die so genannte Endschaftsbestimmung, die die Netzüberlassung bei einem Netzbetreiberwechsel und die dabei zu zahlende ?angemessene Vergütung? regelt.

6. Nach der Entscheidung: Öffentlichkeit herstellen
Sofern sich mehrere Unternehmen um die Konzession beworben haben, muss die Gemeinde ihre Entscheidung nach Abschluss des Konzessionsvertrags unter Angabe der maßgeblichen Gründe öffentlich bekannt machen. Diese Vorgaben sollen eine größere Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Entscheidung gewährleisten.

7. Was bei einer ?vorzeitigen Verlängerung? zum Tragen kommt
Weitere Besonderheiten sind zu beachten, wenn bestehende Konzessionsverträge vorzeitig verlängert werden sollen. In diesem Fall sind der bestehende Konzessionsvertrag zu beenden und die vorzeitige Beendigung für das Vertragsende öffentlich bekannt zu geben. Der Abschluss eines neuen Konzessionsvertrages darf sodann frühestens drei Monate nach Bekanntgabe der Beendigung erfolgen. Sofern in diesem Fall mehrere Unternehmen ihr Interesse an der Konzession bekunden, wäre allerdings ein wettbewerbliches Verfahren zu starten. Dies wird in der Praxis meistens bedeuten, dass der Konzessionsvertrag nicht innerhalb von drei Monaten nach der Bekanntgabe abgeschlossen werden kann, sondern für das Auswahlverfahren ein ausreichender Zeitraum mit angemessenen Fristen für die Bewerber zu veranschlagen ist.

INFO:
AULINGER Rechtsanwälte ist offizieller Sponsor und Aussteller der 35. Hauptversammlung des Deutschen Städtetags 2009 in Bochum vom 12. bis 14. Mai 2009. Für den fachlichen Dialog stehen die Rechtsanwälte allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Veranstaltung am Stand Nr. 2. im Foyer // im Eingangsbereich des RuhrCongress ? schräg gegenüber dem Stand der Stadt Bochum ? gerne zur Verfügung.

Informationen im Internet: www.aulinger.eu

Über AULINGER Rechtsanwälte:
AULINGER Rechtsanwälte ist eine mittelständische Anwaltskanzlei mit 27 Anwälten, davon 8 Notaren, an den Standorten Bochum und Essen. Zu den Mandanten zählen Unternehmer und Unternehmen aller Größen, vom Freiberufler über den Mittelstand bis zu internationalen Konzernen. Auch die öffentliche Hand und kommunale Unternehmen werden laufend vertreten.
AULINGER Rechtsanwälte betreuen ihre Mandanten umfassend auf allen Gebieten des Unternehmensrechts, so im Gesellschafts- und Steuerrecht, im Arbeits- und Immobilienrecht, bei Nachfolgeplanung und beim Unternehmenskauf. Daneben verfügt die Kanzlei über besondere Expertise auch in Spezialbereichen, etwa im Kartell- und Vergaberecht, im Infrastrukturrecht, dem Energiewirtschaftsrecht und dem Recht der Telekommunikation. Mit dieser Kombination klassischer Beratungsfelder und aktuellem Expertenwissen genießt die Partnerschaft, die 2008 ihr 60-jähriges Bestehen feiern konnte, einen exzellenten Ruf weit über das Ruhrgebiet hinaus.

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