Sommer: Mindestlöhne müssen wirken können

Berlin

Sommer: Mindestlöhne müssen wirken können

Der DGB fordert die Mitglieder des Bundesrats auf, die zu beratenden Novellierungsentwürfe des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (AEntG) und des Mindestarbeitsbedingungengesetzes (MiArbG) so zu verändern, dass für die Beschäftigten Existenz sichernde Mindestlöhne herauskommen. „Das hatte die Große Koalition im Juni 2007 vereinbart, und wir nehmen Union und SPD jetzt beim Wort“, sagte der DGB-Vorsitzende Michael Sommer am Donnerstag in Berlin.

„So, wie sich die Bundesratsausschüsse derzeit das MiArbG vorstellen, wäre es weitgehend eine Luftnummer“ kritisierte Sommer. „Es käme so gut wie nie zur Anwendung, da Mindestlöhne nach diesem Gesetz nur dort zugelassen werden sollen, wo es weder Gewerkschaften noch Arbeitgeberverbände gibt. Es existieren aber nahezu keine Flecken in der Bundesrepublik, wo Gewerkschaften nicht tätig sind.“

Zudem sei die Forderung des Bundesrats konterkarierend, dass selbst Hungerlohn-Tarife einem festzusetzenden Mindestlohn vorgehen sollen. „Wenn Dumpinglöhne so genannter christlicher, Mini- oder anderer arbeitgebergelenkter Gewerkschaften weiter Bestand haben sollen, schauen vor allem die Beschäftigten in die Röhre“, betonte der DGB-Vorsitzende. „Die Regelung erlaubt deutschen Arbeitgebern andere Bedingungen als ausländischen, weshalb hier eine so genannte Ausländerdiskriminierung vorliegt – ein klarer Verstoß gegen das Europarecht.“ Denn während sich ausländische Arbeitgeber, die Arbeitnehmer nach Deutschland entsenden, an die festgesetzten branchenbezogenen Mindestlöhne zu halten hätten, könnten inländische Arbeitgeber, die vor dem 16.07.2008 Tarife mit Dumpinggewerkschaften geschlossen haben, auch weiterhin ihre mickrigen Löhne zahlen und den Mindestlohn unterlaufen. „Damit tendiert die Wirkung des Mindestlohns gen Null, was absolut kontraproduktiv wäre.“

„Auch das neu gefasste Arbeitnehmer-Entsendegesetz schränkt die Möglichkeiten ein, Existenz sichernde Löhne zu schaffen“, kritisierte Sommer. Das beginne schon bei der Forderung, dass von den Tarifvertragsparteien künftig ein gemeinsamer Antrag auf Aufnahme einer Branche ins Entsendegesetz gestellt werden soll, während bisher der Antrag einer Tarifvertragspartei allein ausreichte. „Anträge für möglichst viele Branchen zügig zu stellen wird daher ähnlich schwierig werden wie das berühmte Kamel durchs Nadelöhr zu bugsieren.“

Doch selbst, wenn diese hohe Hürde genommen ist, können repräsentative Mindestlohntarifverträge ausgehebelt werden. Wenn für zwei oder mehr Tarifverträge die Allgemeinverbindlichkeit nach dem Entsendegesetz beantragt wird, soll der Gesetzgeber für einen „schonenden Ausgleich“ sorgen. Sommer: „Hier besteht die Gefahr, dass der Verordnungsgeber zur Ansicht gelangt, dass ein ,schonender Ausgleich’ dann nicht möglich ist, wenn Tarifverträge mit niedrigeren Entgelten verdrängt würden. Das wäre dann ein Einfallstor für Dumpingtarifverträge der Mini- und Christengewerkschaften zu Lasten der repräsentativen DGB-Gewerkschaften, deren tariflich vereinbarte Entgelte in der Folge absinken könnten.“

Anstatt das Entsendegesetz weiter zu verschlechtern und die Krücke Mindestarbeitsbedingungengesetz zu „verschlimmbessern“, fordert der DGB wirksame Gesetze, die den rund 2,5 Mio. Niedriglöhnern in Deutschland zu Existenz sichernden Löhnen verhelfen. „Neben einem sinnvoll gestalteten Entsendegesetz und einem wirklich wirsamen Gesetz zu Mindestarbeitsbedingungen bleibt unser Ziel ein einheitlicher, flächendeckender, gesetzlicher Mindestlohn von zunächst 7,50 Euro pro Stunde“, unterstrich der DGB-Vorsitzende.

URL: www.dgb.de
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