Sommer: Wer für Banken Milliarden organisiert, kann auch bei Bildung, Umwelt und Investitionen…

Berlin

Sommer: Wer für Banken Milliarden organisiert, kann auch bei Bildung, Umwelt und Investitionen klotzen

Auf der DGB-Regionaltagung in Halle erklärte der DGB-Vorsitzende Michael Sommer am Dienstag:

„Es ist schon eine skandalöse Ungerechtigkeit besonderer Güte, dass die Steuerzahler in Europa und den USA inzwischen mit weit mehr als einer halben Billion Euro für das Versagen der privaten und staatlichen Kreditwirtschaft und der Investmentbanken haften. Sie tun es überwiegend für die Superreichen dieser Welt, die sich riskante Geldgeschäfte leisten können. Und sie haften für den Leichtsinn und die Geldgier von Brokern und Bankern, die allesamt mit dem Geld anderer reich geworden sind. Der ungezügelte Finanzkapitalismus zeigt uns derzeit seine hässliche Fratze – und das ist eine massive, weltweite Umverteilung von Armen und Mittelständlern zu Reichen und Superreichen. Zugegeben: manchmal helfen die staatlichen Finanzspritzen auch dem kleinen Mann, der seine Rücklagen bei Sparkassen angelegt hat oder in Amerika sich wegen Hausbaus überschuldet hat. Die aber zahlen trotzdem dafür – mit höheren Steuern als sonst nötig wären.

Die unglaublich massiven staatlichen Stützungsaktionen in Europa und den USA werden damit begründet, dass es andernfalls viel schlimmer für die arbeitende Bevölkerung kommen würde, weil sonst die Krise des Finanzmarktes die reale Wirtschaft schwer schädigen, Rezession und Arbeitslosigkeit hervorrufen würde. Das ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Wenn man dieser Argumentation folgt – wofür einiges spricht – bleibt dennoch ein Riesenskandal.

Rechnet man nur die Verluste bei der IKB, bei Landesbanken und bei der KfW zusammen, kommt man auf fast 20 Milliarden Euro, die überwiegend staatlich oder quasi-staatlich (KfW) abgedeckt werden mussten. Ich habe bis heute von keinem verantwortlichen Finanzpolitiker in Bund und Ländern gehört, dass dies nicht finanzierbar wäre. Geradezu im Eiltempo werden die Milliarden klaglos organisiert, bereit gestellt oder verbürgt. Das aber zeigt, dass die deutsche Politik problemlos Zigmilliarden in kürzester Zeit locker machen kann.

Es gibt aber nicht nur eine Finanzkrise. Wir haben eine tiefgreifende Bildungskrise und müssen rund doppelt so viel wie bisher für Schul-, Hochschul-, Aus- und Weiterbildung ausgeben, um unserer Jugend eine Zukunft zu ermöglichen und im internationalen Wettbewerb bestehen zu können. Wir haben trotz stetig steigender Steuereinnahmen eine Krise bei den staatlichen Infrastrukturinvestitionen, die – nicht nur aus konjunkturellen Gründen – massiv angehoben werden müssten. Wir sind weit davon entfernt, die Klimaziele zu erreichen und müssten zusätzlich hohe Milliardenbeträge in den Umweltbereich investieren. Für die schnelle Bewältigung dieser und anderer wichtiger Aufgaben aber fehlt seit vielen Jahren angeblich das Geld, wie uns die Politiker immer wieder versichert haben. Seit der weltweiten Finanzkrise wissen wir: Das stimmt so nicht. Und das ist ein schweres politisches Fehlverhalten, mithin ein Skandal.

Ich fordere deshalb die Verantwortlichen in Bund und Ländern auf, zur raschen Lösung der genannten gesellschaftlichen und ökonomischen Probleme unseres Landes sofort jährlich mindestens zusätzlich soviel Geld zu organisieren wie bisher für die Bewältigung der Finanzkrise. Dass Minister Steinbrück und seine Kollegen in den Ländern beim Beschaffen von Zigmilliarden für die Banken und Landesbanken durchaus erfolgreich waren, haben sie bewiesen. Ich erwarte jetzt dieselbe Kreativität bei der Finanzierung dringender gesellschaftlicher Aufgaben.“

URL: www.dgb.de
339524