WESTERWELLE-Gastbeitrag für die „Wetzlarer Neue Zeitung“
Berlin
WESTERWELLE-Gastbeitrag für die „Wetzlarer Neue Zeitung“
Berlin. Der FDP-Partei- und –Fraktionsvorsitzende DR. GUIDO WESTERWELLE schrieb für die „Wetzlarer Neue Zeitung“ den folgenden Gastbeitrag:
‚Es konnte kein größeres Kontrastprogramm an diesem Wochenende geben: In Nürnberg tagte die SPD als Steuererhöhungspartei, in München beriet der FDP-Bundesparteitag ein Konzept für Steuer- und Abgabensenkungen, damit auf Dauer solide Staatsfinanzen in Deutschland möglich sind.
Die anderen Parteien haben immer nur ganz oben und ganz unten in der Gesellschaft im Blick. Wir kümmern uns als einzige noch um die Mittelschicht. Denn die Mehrheit der Deutschen steht morgens auf, packt mit viel Fleiß an, um sich Glück und Wohlstand zu erarbeiten. In den letzten zehn Jahren sind fünf Millionen Bürger aus dieser Mitte in die armutsgefährdete Schicht abgerutscht.
1960 war der Spitzensteuersatz fällig, wenn man 17mal so viel verdiente wie das Durchschnittseinkommen. Heute zahlt man den Spitzensteuersatz bereits, wenn man 1,4mal so viel verdient wie der Durchschnitt. Diese einfache Wahrheit steckt hinter dem Begriff der „kalten Progression“ – mit praktisch jedem Euro Lohnerhöhung werden automatisch auch höhere Steuersätze fällig.
Das steuerfreie Existenzminimum muss angehoben werden, auch das der Kinder. Bei unserem Modell zahlt eine vierköpfige Familie erst ab rund 40?000 Euro Steuern. Und wir schlagen vor: Alle zwei Jahre soll nicht nur das steuerliche Existenzminimum an die gestiegenen Lebenshaltungskosten angepasst werden, sondern auch die Einkommensgrenzen, bei denen der jeweilige Steuersatz greift. Wir wollen ein Steuersystem, das sich anpasst. Es ist falsch, wenn bei explodierenden Preisen ausschließlich darüber geredet wird, dass die Hartz-IV-Sätze steigen müssen – aber gleichzeitig niemand daran denkt, was das für das Leben der Mittelschicht und ganz normaler Familien bedeutet. Deshalb ist auch der Mindestlohn von Union, SPD, Grünen und Linkspartei so falsch: Was nutzt der schönste Brutto-Mindestlohn, wenn der Staat durch Steuern und Abgaben netto davon immer weniger übrig lässt?
Die Sozialdemokraten sagen, Deutschland kann sich Steuersenkungen nicht leisten. Wir Freien Demokraten sagen, Deutschland kann es sich nicht leisten, auf Steuersenkungen zu verzichten. Wir brauchen ein niedrigeres, einfacheres und gerechteres Steuersystem, damit der Aufschwung endlich bei denen ankommt, die ihn erarbeitet haben. Die Mittelschicht darf nicht immer mehr belastet werden, sie muss endlich entlastet werden, denn sie erarbeitet, was andere so gerne verteilen möchten.‘
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