Anlageverhalten der Deutschen: Hohe Risikoaversion, aber zu wenig Streuung
Anlageverhalten der Deutschen: Hohe Risikoaversion, aber zu wenig Streuung
Private Anleger sind oft schlecht informiert
Obwohl private Anleger in Deutschland risikoscheu sind, konzentrieren sie ihr Vermögen auf nur wenige Anlageformen. Damit erhöhen sie ungewollt das Risiko eines Verlustes. Das zeigt eine aktuelle Studie des DIW Berlin auf Basis des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP). Ursache für dieses irrationale Verhalten sind vermutlich mangelnde Kenntnisse.
Die beliebtesten Anlageformen in Deutschland sind Sparbuch, Bausparvertrag und Lebensversicherung. Risikoreichere Anlagen werden meist erst dann gewählt, wenn der Bedarf an Sicherheit und Liquidität gedeckt ist. Die meisten Haushalte (46 Prozent) halten zwei bis drei verschiedene Anlageformen. Portfolios aus vier und mehr Anlagearten sind mit 18 Prozent wesentlich seltener vertreten. Bemerkenswert ist, dass das Portfolio jedes fünften Haushalts lediglich aus einem einzigen Anlageprodukt besteht.
„Wir haben bei unserer Analyse teilweise keine Übereinstimmung zwischen Risikostreuung und Risikobereitschaft gefunden“, sagte DIW-Expertin Nataliya Barasinska, Mitautorin der Studie. „Im Gegenteil: Die Anleger mit der geringsten Risikobereitschaft haben in den seltensten Fällen ein dementsprechend breit gestreutes Anlageportfolio. Umgekehrt haben Anleger, die sich selbst als risikofreudig bezeichnen, eher ein komplett diversifiziertes Portfolio.“
Generell ist die Investitionsbereitschaft in riskantere Anlagen größer, je mehr sichere Anlagen bereits vorhanden sind. Viele private Anleger erkennen jedoch das Potential der Diversifikation nicht und nutzen es deshalb nicht entsprechend. „Gerade die risikoscheuen deutschen Anleger würden besonders davon profitieren, sagte Nataliya Barasinska.“ Die Politik müsse mehr für die finanzielle Bildung der privaten Anleger tun.
Hohe Risikoaversion privater Haushalte bei Geldanlagen. Von Nataliya Barasinska, Dorothea Schäfer und Andreas Stephan. In: Wochenbericht des DIW Berlin Nr. 45/2008.
Außerdem im Wochenbericht:
– Die Politik muss mehr für die finanzielle Bildung der Verbraucher tun. Sieben Fragen an Nataliya Barasinska.
– Erbschaftsteuerreform: Was lange währt, wird endlich schlecht. Kommentar von Stefan Bach.
http://www.diw.de/documents/publikationen/73/90133/08-45-1.pdf
Hintergrundinformation SOEP:
Das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) ist eine seit 25 Jahren laufende Langzeitbefragung von mehr als 10.000 deutschen Haushalten. Das am DIW Berlin angesiedelte SOEP gibt Auskunft über Faktoren wie Einkommen, Erwerbstätigkeit, Bildung oder Gesundheit. Weil jedes Jahr die gleichen Personen befragt werden, können langfristige soziale und gesellschaftliche Trends besonders gut verfolgt werden. Die Daten werden von TNS Infratest Sozialforschung erhoben.
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