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Buse Heberer Fromm rät Mandanten zur Überprüfung von Preisanpassungsklauseln in Netzanschlussverträgen für Strom und Gas
Die Practice Group Energiewirtschaft von Buse Heberer Fromm hat in ihrer gestrigen Sitzung ein Maßnahmepaket für Mandanten verabschiedet, die Sonderkundenverträge über den Elektrizitäts- und Gasanschluss abgeschlossen haben. Grund sind zwei Urteile der letzten Monate, die weitreichende Auswirkungen sowohl für die Energieversorger, als auch für die Sonderkunden haben können.
Zunächst hatte das Oberlandesgericht Oldenburg am 05.09.2008 (Aktenzeichen 12 U 49/07) entschieden, dass Preiserhöhungen eines Gasversorgers gegenüber einem Sonderkunden unwirksam sind, wenn diese auf die vertraglich einbezogenen Preisänderungsbestimmungen für allgemeine Tarifkunden gestützt werden. Das Urteil ist zwar noch nicht rechtskräftig und wartet noch auf die Überprüfung durch den Bundesgerichtshof. Dennoch können es sich aber weder die Verantwortungsträger auf Seiten der Energieversorger noch auf Seiten der Sonderkunden erlauben, ihre internen Entscheidungen bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung aufzuschieben, da der Bundesgerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 17.12.2008 (Aktenzeichen VIII ZR 274/06) die Gelegenheit hatte, über einen sehr ähnlichen Sachverhalt zu befinden. Gegenstand des Urteils war eine häufig anzutreffende Preisanpassungsklausel eines vorformulierten Gasversorgungs-Sondervertrages:
‚Der vorstehende Gaspreis ändert sich, wenn eine Änderung der allgemeinen Tarifpreise eintritt.‘
Nach dem durchgängigen Tenor der Entscheidung muss eine Preisanpassungsbestimmung so bestimmt und transparent sein, dass ein Kunde die Modalitäten der Preiserhöhung klar nachvollziehen kann. Fehlt es hieran, ist die Bestimmung unwirksam. Diesen Transparenzanforderungen genügt die Preisanpassungsklausel nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht, da sie unklar und unverständlich sei. Zwar entnahm der Bundesgerichtshof der Bestimmung das Verständnis, dass die Gaspreise sich jeweils in der gleichen Richtung wie die Tarifpreise ändern sollen, dass also bei einer Senkung der allgemeinen Tarifpreise nur eine Senkung, nicht aber eine Erhöhung des Gaspreises in Betracht kommt und umgekehrt. Darüber hinaus, insbesondere in Bezug auf die wirtschaftlich wesentliche Frage der Berechnungsmodalitäten, erachtete der BGH die Bestimmung jedoch als mehrdeutig und unklar. Aus der Formulierung, dass sich die Gaspreise ändern, wenn eine „Änderung der allgemeinen Tarifpreise eintritt“ ergebe sich – so der Bundesgerichtshof – zwar die generelle Voraussetzung für eine Preiserhöhung, doch bleibe die wesentliche wirtschaftliche Frage, „wie sich die Gaspreise bei Vorliegen der Voraussetzungen ändern sollen“, ungeklärt. Die Bestimmung lasse wenigstens folgende Auslegungsmöglichkeiten zu:
• Eine Änderung der Tarifpreise wird nominal auf die Sonderkundenpreise übertragen,
• eine Änderung der Tarifpreise wird prozentual auf die Sonderkundenpreise übertragen,
oder
• bei einer Änderung der Tarifpreise besteht ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Gasversorgungsunternehmens, die Preise für Sonderkunden zu erhöhen oder zu senken, ohne dass eine feste rechnerische Bindung an die Änderung der Tarifpreise besteht.
Mit Blick auf den Grundsatz der kundenfreundlichen Auslegung gelangte der Bundesgerichtshof zu der Ansicht, dass sich nicht feststellen lasse, welche Auslegungsvariante für den Kunden am günstigsten sei und erachtete die Preisanpassungsklausel bereits aus diesem Grund als unwirksam.
Der Bundesgerichtshof betonte, dass auch die sog. ‚Leitbildfunktion‘ der Verordnung für Tarifkunden sowohl in der Gas- als auch der Elektrizitätswirtschaft zu keinem anderen Ergebnis führe. Bei der Leitbildfunktion handele es sich um eine Wertentscheidung, die der Verordnungsgeber im Tarifkundenbereich getroffen habe, die aber einen wichtigen Hinweis auch für deren Anwendung auf Sonderkunden enthalte mit dem Ziel der sachlichen Gleichbehandlung von Tarif- und Sonderkunden. Die Leitbildfunktion sei jedoch – so der BGH weiter – deshalb nicht einschlägig, weil diese nichts an dem Erfordernis einer klaren Regelung über die Kriterien der Preisänderung ändere. Auch die Leitbildfunktion vermochte somit nicht über die Unwirksamkeit der Bestimmung hinwegzuhelfen.
Das von der Practice Group Energiewirtschaft verabschiedete Maßnahmenpaket für Mandanten ist für Energieversorger und Sonderkunden gleichermaßen von Bedeutung. Es untergliedert sich in fünf Stufen von der Bestandsaufnahme bis zur Bilanzierung und erfasst sowohl die Maßnahmen bei Altverträgen, als auch die Handlungsanweisungen für den Abschluss von Neuverträgen. Dr. Friedrich Werk, Leiter der Practice Group Energiewirtschaft, zeigte sich am Ende der gestrigen Sitzung zuversichtlich, „dass wir unseren Mandanten nunmehr ein Tool an die Hand geben können, um adäquat auf die gerichtlichen Entscheidungen reagieren und auf diese Weise Einbußen vermeiden zu können“.362966