DGB: Mindestlohngesetze mit großen Pferdefüßen

Berlin

DGB: Mindestlohngesetze mit großen Pferdefüßen
„Als einen nicht ausreichenden Kompromiss mit großen Pferdefüßen“, hat das zuständige DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki den Kabinettsbeschluss zu Mindestlöhnen bezeichnet. Es bedürfe wesentlicher Nachbesserungen im Gesetzgebungsverfahren, um beide Gesetzentwürfe akzeptabel zu gestalten, erklärte er am Mittwoch in Berlin. Matecki forderte die SPD-Bundestagsfraktion und die CDA-Abgeordneten auf, entsprechende Initiativen und Änderungen im Bundestag zu ergreifen. Denn die jetzigen Gesetzentwürfe seien nicht geeignet, Existenz sichernde Mindestlöhne durchzusetzen.
Hauptkritikpunkt sei die Tatsache, dass tarifierte Dumpinglöhne sogenannter christlicher und anderer Mini- oder Pseudogewerkschaften nach dem Mia, dem Mindestarbeitsbedingungengesetz, praktisch Bestandsschutz erhalten sollen, erklärte Matecki. Damit laufe das ganze Vorhaben ins Leere und bringe keine Vorteile für betroffene ArbeitnehmerInnen.
Auch im neugefassten Entsendegesetz sieht die Bundesregierung Möglichkeiten vor, repräsentative Mindestlohntarifverträge auszuhebeln, beklagte Matecki. Denn wenn für zwei oder mehr Tarifverträge die Allgemeinverbindlichkeit nach dem Entsendegesetz beantragt wird, soll der Verordnungsgeber die widerstreitenden Grundrechtsinteressen „zu einem schonenden Ausgleich“ bringen. In der Praxis dürfte das darauf hinauslaufen, dass eine Entscheidung zu Gunsten geringerer Entgelte getroffen wird. Auch das könne der DGB nicht akzeptieren, weil es zur Absenkung von repräsentativen Tarifverträgen der DGB-Gewerkschaften führen dürfte, wenn gleichzeitig Minigewerkschaften und ihre vertragsschließenden Arbeitgeberverbände niedrigere Mindestlöhne beantragen. Hier werde der Lackmustest in Sachen Leiharbeit sehr schnell erfolgen.
Schuld an dieser Entwicklung seien eindeutig die Arbeitgeber und die Union, allen voran Wirtschaftsminister Michael Glos, betonte Matecki. Sie hätten sich zum Ziel gesetzt, akzeptable Mindestlöhne zu blockieren, wo immer es gehe. Dabei bedienten sie sich christlicher Gewerkschaften, die allzu gerne ihre Hand für arbeitgeberfreundliches Lohn- und Sozialdumping reichten. Diese Aushebelung repräsentativer Mindestlöhne durch die Hintertür müsse der Bundestag korrigieren.
Der Entwurf für das Arbeitnehmerentsendegesetz sieht außerdem vor, dass ein Tarifvertrag nur noch dann für allgemeinverbindlich erklärt werden kann, wenn er bundesweit abgeschlossen ist. Damit wird ohne Not in die europarechtskonforme Tarifstruktur z.B. im Baugewerbe eingegriffen, die zwar das Bundesgebiet mit inhaltlich identischen Tarifregelungen zum Urlaub abdeckt, dies aber aufgrund regionalisierter Urlaubskassen in verschiedenen Tarifwerken.
Dass die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) bei ihrem Kampf gegen Mindestlöhne nicht einmal Rücksicht auf ihre Mitgliedsverbände nimmt, die bereits Mindestlöhne erreicht oder beantragt haben, zeige die ganze Verbohrtheit der Arbeitgeber, kritisierte Matecki. Das gelte selbst für repräsentative Tarifverträge, die in zwei von der BDA in Auftrag gegebenen Gutachten als verfassungswidrig bezeichnet würden. Nicht Mindestlöhne gefährdeten die Tarifautonomie, sondern Lohn- und Sozialdumping der Arbeitgeber, die sich dafür obskurer Mini- und Pseudogewerkschaften bedienten.
Ziel des DGB bleibt nach wie vor ein gesetzlicher Mindestlohn von nicht unter 7.50 Euro pro Stunde.
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