Die wirtschaftliche Lage in der Bundesrepublik Deutschland im Juni 2008 [1]
Berlin
Die wirtschaftliche Lage in der Bundesrepublik Deutschland im Juni 2008 [1]
Die Auftriebskräfte der deutschen Volkswirtschaft sehen sich einem anhaltenden Gegenwind vornehmlich aus dem weltwirtschaftlichen Umfeld ausgesetzt. In der letzten Zeit waren es vor allem die starken Preissteigerungen bei Energie und Nahrungsmitteln, die der binnenwirtschaftlichen Nachfrage zusetzen. Hinzu kam die gedämpfte Nachfrage in der Industrie insbesondere aus dem Ausland und vor allem aus dem Eurowährungsgebiet. Belastend wirkt, neben der anhaltenden Eurostärke, weiterhin die Finanzkrise, die Vertrauen beschädigt hat und nicht nur die wirtschaftliche Entwicklung der USA dämpft, sondern in ihren Auswirkungen weiterhin ein ernstzunehmendes Risiko für die Weltkonjunktur darstellt. Zu berücksichtigen ist aktuell ferner Normalisierung nach der außerordentlich positiven Entwicklung im ersten Quartal, die zum Teil auf Sonderfaktoren wie vorgezogene Investitionen und witterungsbedingt geringe Produktionsbehinderungen zurückzuführen war. Für das zweite Quartal ist daher mit einer gegenüber dem ersten Quartal gedämpften Entwicklung und im weiteren Verlauf des Jahres mit einer eher moderaten Aufwärtsentwicklung zu rechnen. Letztere knüpft aber, nach dem außergewöhnlich starken ersten Quartal mit einem preis-, kalender- und saisonbereinigten [2] Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 1,5 % gegenüber dem Vorquartal trotz des zu erwartenden schwächeren zweiten Quartals an ein hohes Niveau an.
Nachdem vom Produzierenden Gewerbe zu Beginn dieses Jahres noch deutliche Impulse für das gesamtwirtschaftliche Wachstum ausgingen, schwächte sich hier die Erzeugung in den Monaten März und April preis- und saisonbereinigt jeweils um 0,8 % ab. In der Industrie kam es im März und im April zu Produktionseinschränkungen um 0,3 % bzw. 0,7 % sowie im Bauhauptgewerbe um 13,1 % bzw. 2,9 %. Teilweise sind diese Produktionseinbußen auch auf Sonderfaktoren zurückzuführen. Die milde Witterung und der Wegfall der günstigen Abschreibungsreglungen hatten die Produktionstätigkeit Ende 2007 und Anfang dieses Jahres zunächst deutlich beflügelt. Die erwartete Normalisierung wirkt sich nun beim Bau in Form einer schwächeren Frühjahrsbelebung, aber auch in der Industrie durch eine vorübergehende geringere inländische Nachfrage nach Investitionsgütern aus. Angesichts des stärkeren Gegenwinds vornehmlich aus dem weltwirtschaftlichen Umfeld zeigen die seit fünf Monaten rückläufigen Industrieaufträge eine erneut schwächere Entwicklung der Industrieproduktion an. Im April gingen die Auftragseingänge preis- und saisonbereinigt um 1,8 % und im Dreimonatsvergleich um 2,4 % zurück. Dämpfend wirkt sich hier vor allem der spürbare Rückgang der Bestelltätigkeit aus dem Ausland aus (Dreimonatsvergleich: -3,6 %). Aber auch die Inlandsnachfrage ist aktuell in der Tendenz leicht abwärts gerichtet (Dreimonatsvergleich: -1,0 %). Dabei muss in Rechnung gestellt werden, dass das Ordervolumen in der Industrie bis ins vierte Quartal 2007 hinein – durch außergewöhnlich umfangreiche Großaufträge gestützt – auch sehr stark angestiegen war. Die Auftragslage der Unternehmen ist daher noch zufrieden stellend. Zusätzliche Impulse aus der Bestelltätigkeit sind derzeit aber weder in der Industrie noch beim Bau zu erwarten. Die weiteren Aussichten für die Entwicklung der Erzeugung im Produzierenden Gewerbe bleiben damit vorerst etwas gedämpft.
Der verstärkte Preisauftrieb, der vor allem durch die Entwicklung der Energie- und Nahrungsmittelpreise verursacht wird, belastet sowohl die Konsumneigung als auch die Konsummöglichkeiten der Verbraucher erheblich. Die Umsätze des Einzelhandels im engeren Sinne, also ohne Handel mit Kraftfahrzeugen und ohne Tankstellen, nahmen im April um 0,6 % weiter ab. Die leichte Erholung der privaten Konsumausgaben im ersten Quartal um preis- und saisonbereinigt 0,3 % gegenüber dem Vorquartal muss sich daher auch noch als nachhaltig erweisen. Wann und in welchem Umfang es zu einer Belebung des privaten Konsums kommt, hängt vor allem von der Persistenz des beschleunigten Preisauftriebs ab. Allerdings bedeuten schon die bereits realisierten Preissteigerungen einen empfindlichen realen Kaufkraftverlust, so dass im laufenden Jahr trotz positiver Beschäftigungs- und Einkommensentwicklung nur mit einer allmählichen Belebung des privaten Konsums zu rechnen ist.
Nach einem robusten Exportwachstum im ersten Quartal von 2,3 % legten die Ausfuhren auch im April saisonbereinigt in jeweiligen Preisen weiter um 1,2 % gegenüber dem Vormonat zu. Ihren Vorjahrestand übertrafen die Exporte zuletzt im Dreimonatsvergleich um 7,4 % (Ursprungszahl). Allerdings wirken die weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen derzeit weniger stützend. Die Impulse vom Export sollten daher kleiner werden, in der Tendenz aber positiv bleiben. Gleiches gilt angesichts einer voraussichtlich moderateren Entwicklung der Binnennachfrage sowie eines hohen Importgehalts der Exporte auch für die Einfuhren. Aktuell nahmen die Einfuhren im April um 2,1 % ab, nachdem sie im ersten Quartal saisonbereinigt kräftig um 6,4 % zugelegt hatten. Insgesamt ist trotz einer Abschwächung der Dynamik aber weiterhin mit positiven Wachstumsbeiträgen des Außenhandels zu rechnen.
Der Aufschwung am Arbeitsmarkt setzte sich zuletzt mit abgeschwächter Dynamik fort. Hierzu trug nach dem geringen Anstieg der Winterarbeitslosigkeit die im Gegenzug entsprechend schwächere Frühjahrsbelebung bei. Aber auch die Impulse, die von der konjunkturellen Entwicklung ausgingen, wurden zuletzt kleiner. Die Zahl der Erwerbstätigen (Inlandskonzept) erhöhte sich im April saisonbereinigt um 25.000, gegenüber +54.000, die im Durchschnitt der vorangegangen sechs Monate zu verzeichnen waren. Binnen Jahresfrist stieg die Zahl der Erwerbstätigen zuletzt um 649.000 auf 40,11 Mio. (Ursprungszahl) an. Die Zahl der registrierten Arbeitslosen verminderte sich im Mai im Zuge der Frühjahrsbelebung auf 3,283 Mio. (Ursprungszahl). Die Arbeitslosenquote nahm auf 7,8 % ab. Saisonbereinigt ergab sich allerdings erstmals wieder ein Anstieg um 4.000 Personen, im Vergleich zu einem Rückgang von 54.000 im Durchschnitt der vergangenen sechs Monate. Für die weitere Entwicklung dürften sich die positiven Grundtendenzen am Arbeitsmarkt zwar fortsetzen, die Dynamik aber angesichts der gedämpften konjunkturellen Entwicklung merklich geringer ausfallen.
Der Preisauftrieb blieb kräftig und hat sich zuletzt über alle Preisstufen hinweg sogar wieder beschleunigt. Der Verbraucherpreisindex erhöhte sich im Mai gegenüber dem Vorjahr um 3,0 %, nach 2,4 % im Vormonat. Hauptpreistreiber waren weiterhin die Energiepreise, während sich bei den Nahrungsmittelpreisen im Verlauf eine gewisse Beruhigung abzeichnete. Der Preisanstieg zum Vorjahr dürfte auch erst einmal hoch bleiben, da die Rohölpreise Anfang Juni mit knapp 137 US-Dollar je Barrel der Sorte Brent neue Rekordstände verzeichneten und sich seitdem nur wenig entspannten. Die Kerninflationsrate ohne Energie und saisonabhängige Nahrungsmittel betrug im Mai 1,8 %.
[1] In diesem Bericht wurden statistische Daten verwendet, die bis zum 16. Juni 2008 vorlagen.
[2] Wenn nicht anders vermerkt, handelt es sich bei den in diesem Bericht verwendeten saisonbereinigten Angaben um Berechnungen nach dem Verfahren Census X-12-ARIMA.
[2] Wenn nicht anders vermerkt, handelt es sich bei den in diesem Bericht verwendeten saisonbereinigten Angaben um Berechnungen nach dem Verfahren Census X-12-ARIMA.
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