DVT verabschiedet Empfehlung zur Anrechnung beruflicher Kompetenzen auf Hochschulstudiengänge

Berlin

DVT verabschiedet Empfehlung zur Anrechnung beruflicher Kompetenzen auf Hochschulstudiengänge

(Berlin, 11. Juli 2008)

Seit vielen Jahren ist Deutschland mit dem Phänomen des Ingenieurmangels konfrontiert, ohne dass bisher deutliche Verbesserungen der Situation erreicht worden wären. Dabei ist die Verfügbarkeit von qualifizierten Fachkräften für die Wettbewerbsfähigkeit sowohl der einzelnen Unternehmen als auch der deutschen Industrie von enormer Bedeutung.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat mit der Förderinitiative ANKOM ein Projekt ins Leben gerufen, mit dem mehr Durchlässigkeit zwischen den Bereichen der beruflichen und der hochschulischen Bildung geschaffen werden soll. Im Kern geht es dabei um die Anrechnung beruflicher Qualifikationen, Zertifikate und Kompetenzen für den Erwerb eines regulären akademischen Abschlusses. Damit könnten insgesamt mehr qualifizierte Personen für ein Ingenieurstudium gewonnen und der Ingenieurmangel effektiv bekämpft werden.

Zusammenfassung

Der DVT richtet sich an Hochschulen und an die Industrie- und Handelskammern (IHKs) mit der Empfehlung, die im Projekt ANKOM gesammelten Erfahrungen zu nutzen, um Absolventen der beruflichen Aus- und Weiterbildung einen angemes-senen Zugang zu technischen Studiengängen zu erleichtern. Damit kann ein weiterer Weg zur Bewältigung des Ingenieurmangels institutionalisiert werden.

Erläuterung

Ingenieurmangel
In zahllosen Symposien, Podiumsdiskussionen, Stellungnahmen und Studien wird der Ingenieurmangel beschrieben, seine Folgen beklagt und Lösungsmöglichkeiten diskutiert.

Konkreter Ansatz
Das BMBF hat eine Förderinitiative ins Leben gerufen, die mehr Durchlässigkeit zwischen den Bereichen der beruflichen und hochschulischen Bildung leisten soll. Damit werden zusätzliche Potenziale von Studienanfängern mit beruflicher Erfahrung (auch) für die Bereiche der Ingenieurwissenschaften erschlossen. Kernpunkt ist die Anrechnung beruflicher Qualifikationen, Zerti-fikate und Kompetenzen. Dies erlaubt den entsprechend qualifizierten Leistungsträgern, in ihrem fachlichen Feld einen regulären akademischen Abschluss mit geringerem zeitlichen Aufwand und möglichst berufsbegleitend – also ohne Unterbrechung der Berufsbiografie – zu erwerben.

Ergebnisse
Seit Herbst 2005 sind elf Entwicklungsprojekte damit betraut, qualitätsgesicherte und praktikable Anrechnungsverfahren zu entwickeln. Vier von diesen elf Projekten sind technikorientiert, zwei davon können als „rein“ ingenieurwissenschaftlich ausgerichtet klassifiziert werden.

Aus den Projekten liegen erprobte, qualitätsgesicherte und übertragbare Anrechnungsverfahren vor.

Empfehlung

Hochschulen (Universitäten und Fachhochschulen), Industrie- und Handelskammern und Industrieunternehmen sollen im regionalen Verbund Verfahren entwickeln, mit denen berufliche Vorerfahrungen und Qualifikationen in Form von Credit Points im Rahmen eines berufsbegleitenden oder regulären Studiums angerechnet werden können.

Hilfestellung und Erfahrungen
Unter http://ankom.his.de/modellprojekte können die Vorgehensweisen in den vom BMBF geförderten Entwicklungsprojekten als Anregung für die eigene Arbeit herangezogen werden. Das darin enthaltene Projekt in Ilmenau zeigt Erfahrungen für den Bereich der Ingenieurstudiengän-ge auf.

Nebeneffekte
• Die institutionalisierte Möglichkeit, mit im Beruf erworbenen Qualifikationen einen regulären Studienabschluss zu erhalten, steigert die Attraktivität technischer Ausbildungsberufe und Weiterbildungen.
• Der geringe Prozentsatz der Schüler, die sich in Deutschland für ein Ingenieurstudium entscheiden, wird durch die erhöhte Durchlässigkeit gesteigert.

Schwierigkeiten
• Das Anrechnungsthema stößt auf Vorbehalte: Es gibt zum Teil wenig Bereitschaft, statt der einfachen Beschreibung der Kursinhalte Lernergebnisbeschreibungen für einzelne Fächer zu erstellen. Dies ist aber nötig, um die Lernergebnisse aus der beruflichen Fort- und Weiterbildung gegenüber denen der hochschulischen Studiengänge bewerten zu können. Abhilfe: Es müssen lernergebnisorientierte Beschreibungen von Studiengängen erstellt werden. Dies hätte für die Erstellung von Modulhandbüchern im Zuge der Umstellung auf Bachelor und Master eigentlich bereits geleistet werden müssen.
• Zweifel an der Qualität der Ergebnisse beruflicher Bildungsgänge führen zur Sorge vor einer Entwertung akademischer Bildung. Diese Barriere wird durch die Excellenzdiskussion weiter erhöht. Abhilfe: Zur gegenseitigen Vertrauensbildung sollen Professoren in die IHK-Prüfungskommissionen mit eingebunden werden. Perspektivisch sollte diese ‚Zone des gegenseitigen Vertrauens’ institutionalisiert werden.

Bemerkung
Akkreditierungsrat und HRK stehen hinter diesem Ansatz (14.03.07): Die Akkreditierungsagenturen sollen offensiv auf die Möglichkeit der Anrechnung hinweisen. Aus der Initiative ANKOM liegen konkrete Empfehlungen vor, wie qualitätsgesicherte Anrechnungsverfahren im Zuge von Akkreditierungsverfahren behandelt werden können.

Der DVT als Dachorganisation von 56 technisch-wissenschaftlichen Vereinen regt daher an, dass sich Hochschulen, Industrie- und Handelskammern und Unternehmen im Sinne der oben ausgesprochenen Empfehlung einsetzen und im regionalen Verbund Verfahren zur Anrechnung beruflicher Qualifikationen entwickeln.

Pressekontakt
Deutscher Verband technisch-wissenschaftlicher Vereine (DVT)
WissenschaftsForum
Markgrafenstr. 37
10117 Berlin

Tel. 030/936278-71
Fax 030/936278-69
email info@dvt-net.de
Internet

331364