Finanzentwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung im 1. bis 3. Quartal – mindestens…
Finanzentwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung im 1. bis 3. Quartal – mindestens schwarze Null im Gesamtjahr 2008
Berlin – Die gesetzliche Krankenversicherung steuert nach den jetzt vorliegenden vorläufigen Finanzergebnissen des 1. bis 3. Quartals weiterhin auf ein ausgeglichenes Finanz-ergebnis im Gesamtjahr 2008 zu. In den Monaten Januar bis September 2008 lagen die Ausgaben von rd. 118,98 Mrd. Euro zwar um rd. 1,49 Mrd. Euro höher als die Einnahmen von rd. 117,48 Mrd. Euro. In diesem Zwischenergebnis ist allerdings die zweite Tranche des Bundeszuschusses von 1,25 Mrd. Euro noch nicht enthalten, die den Kassen im November zugeflossen ist. In das Jahresergebnis werden ebenfalls noch die Beitragsmehreinnahmen durch fällige Einmalzahlungen wie Weihnachtsgeld oder auch die tariflich für die Metallindustrie vereinbarten Einmalzahlungen zum Jahresende einfließen. In den letzten Jahren lagen die Beitragseinnahmen im 4. Quartal um bis zu 2,5 Mrd. Euro über dem Durchschnitt der anderen Quartale. Zwar sind auch die Ausgaben jeweils im 4. Quartal höher, dennoch bleibt ein positiver Saldo. Vor diesem Hintergrund besteht kein Anlass, von dem Ausgabenüberhang der ersten neun Monate des Jahres auf ein Defizit im Gesamtjahr 2008 zu schließen. Die aus den Einmalzahlungen resultierenden Beitragsmehreinnahmen werden zusammen mit den 1,25 Mrd. Euro aus dem Bundeszuschuss zumindest zu einem ausgeglichenen Finanzergebnis 2008 führen. Das lassen im Übrigen auch die Verlautbarungen der Kassenverbände zur aktuellen Finanzentwicklung erkennen.
Kassen starten ohne Schulden in den Fonds
Die differenzierten Finanzergebnisse der einzelnen Kassenarten zeigen bereits jetzt den erfolgreichen Schuldenabbau. So haben die Allgemeinen Ortskrankenkassen, bei denen die Entschuldung Ende 2007 zum Teil noch nicht vollständig erfolgen konnte, insgesamt bereits in den ersten neun Monaten schon fast ein ausgeglichenes Finanzergebnis verbucht. Im letzten Quartal dürfte sich daraus noch ein deutlicher Überschuss entwickeln, so dass hier die restliche Entschuldung bis Ende 2008 abgeschlossen werden kann. Der weit überwiegende Teil der Krankenkassen verfügte bereits Ende 2007 wieder über positive Finanzreserven. Während die GKV insgesamt Ende 2003 Nettoschulden in Höhe von 6 Mrd. Euro auswies, hatte sich dieser Wert Ende 2007 in ein Nettovermögen von 3,5 Mrd. Euro verwandelt. Die erfolgreiche Konsolidierung der Finanzlage der GKV bietet eine wichtige Voraussetzung für den Start in den Gesundheitsfonds. Bei den Betriebskrankenkassen, die im 1. bis 3. Quartal den höchsten Ausgabenüberhang zu verbuchen hatten, dürften insbesondere die Verbeitragung der üblichen und der außergewöhnlichen Einmalzahlungen des Jahres 2008 aufgrund der besonderen Versichertenstruktur dieser Kassenart (besonders hoher Arbeitnehmeranteil) zu einer deutlichen Verbesserung des Finanzergebnisses bis zum Jahresende führen.
Wirtschafts- und Beschäftigungsentwicklung führt zu steigenden Einnahmen
Das Beitragsaufkommen der Krankenkassen ist im 1. bis 3. Quartal 2008 im Vergleich zum Vorjahr je Mitglied um 2,8 Prozent gestiegen. Bei den beitragspflichtigen Einnahmen (Grundlöhne der Mitglieder der Krankenkassen), die dem Beitragsaufkommen zugrunde liegen, gab es mit einem Zuwachs von 2,0 v.H. je Mitglied den stärksten Anstieg seit Mitte der 90er Jahre. Dennoch bleibt der Einnahmezuwachs der Kassen hinter dem Wachstum der Ausgaben für die medizinische Versorgung mit einem Zuwachs von 4,2 v.H. je Mitglied deutlich zurück (siehe unten).
Die positive Entwicklung der Einnahmeseite wird auch deutlich, wenn man sich die Vorjahreszahlen zum Vergleich ansieht: Im 1. bis 3. Quartal 2007 lag der Grundlohnzuwachs lediglich bei 0,7 v.H. Die Lohnabschlüsse der vergangenen Monate, die zum Teil ab der Jahresmitte oder – wie im größten Tarifbereich, der Metallindustrie – erst zum Jahresende wirksam werden, der immer noch deutliche Rückgang der Arbeitslosenzahlen und steigende Beschäftigtenzahlen spiegeln sich jetzt in zusätzlichen Beitragseinahmen wider. So waren zum 1. Oktober 2008 rd. 540 Tsd. mehr beitragszahlende Personen als erwerbstätige Pflicht- oder freiwillige Mitglieder mit sechswöchigem Entgeltfortzahlungsanspruch in der GKV registriert als zum 1. Oktober 2007. Gleichzeitig ging die Zahl der beitragsfrei mitversicherten Personen um rd. 440 Tsd. deutlich zurück.
Abflachung der Ausgabenzuwächse im Vergleich zum 1. Halbjahr
Die Leistungsausgaben sind im 1. bis 3. Quartal 2008 mit 4,2 Prozent je Mitglied gestiegen. Der Anstieg hat sich dabei im Vergleich zur Veränderungsrate des 1. Halbjahres (4,5 Prozent) leicht abgeflacht. Dabei ist die Entwicklung der Ausgaben in den einzelnen Leistungsbereichen sehr unterschiedlich verlaufen.
Der Anstieg der Arzneimittelausgaben (ohne Impfkosten) von 5,1 v.H. zeigt, dass die konsequente Nutzung von Einsparmöglichkeiten durch Rabattverträge, die das GKV-WSG eröffnet hat, weiterhin dringend geboten ist. Durch die Umsetzung weiterer Festbeträge ab 1. Juli 2008 konnten offenkundig in diesem Marktsegment zusätzlich vorhandene Einsparpotenziale auf der Preisseite ab Beginn der zweiten Jahreshälfte realisiert werden, wie die Abflachung des Anstiegs gegenüber dem 1. Halbjahr (plus 5,7 v.H.) verdeutlicht. Im Oktober lag der Anstieg nach den neuesten Monatsdaten der ABDA bei 3,5 v.H.
Eine wirksame Steuerung der Arzneimittelausgaben darf sich nicht auf die erfolgreiche Ausschöpfung von Preissenkungsspielräumen im Festbetragsmarkt beschränken. Vielmehr sollte auch die mit dem GKV-WSG geschaffene Möglichkeit zur Kosten-Nutzen-Bewertung, vor allem bei Arzneimitteln mit geringem therapeutischen Zusatznutzen, genutzt und überflüssige Arzneimittelverordnungen vermieden werden. Gerade im Bereich der neuen, hochwirksamen, aber teuren Arzneimittel ist es wichtig, dass diese zielgenau und evidenzbasiert eingesetzt werden.
Der Anstieg bei den Krankenhausausgaben lag in den ersten neun Monaten je Mitglied bei 2,6 v.H. und damit deutlich höher als im Vergleichszeitraum mit 0,8 v.H. Der absolute Zuwachs, der letztendlich bei den Krankenhäusern ankommt, lag bis Ende September bei 3,3 v.H. Gleichwohl ist unverkennbar, dass die hohen Tarifabschlüsse für die Krankenhäuser zu deutlichen Mehrbelastungen auf der Kostenseite führen. Deshalb sollen mit dem Gesetz zum ordnungspolitischen Rahmen der Krankenhausfinanzierung ab dem Jahr 2009 tariflich bedingte Personalkostensteigerungen, die über die Grundlohnentwicklung hinausgehen, teilweise ausgeglichen werden. Auch zur Verbesserung der Situation im Pflegebereich der Krankenhäuser sind zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten für Neueinstellungen vorgesehen. Gleichzeitig sind aber auch die Länder gefordert, endlich ihren Verpflichtungen zur Finanzierung dringend erforderlicher Kranken-hausinvestitionen nachzukommen.
Im nächsten Jahr können die Kliniken durch das neue Reformgesetz und auf Basis des geltenden Rechts von den gesetzlichen Krankenkassen bis zu 3,5 Mrd. Euro mehr erhalten als 2008. Das bedeutet im Laufe von zwei Jahren ein zusätzliches Finanzvolumen von 5 bis 5,5 Mrd. Euro und damit mehr als der Zuwachs von 4,7 Mrd. Euro, den die Krankenhäuser im gesamten Zeitraum 2002 bis 2007 erhalten haben.
Der Zuwachs von 3,9 v.H. je Mitglied bei den Ausgaben für ambulante ärztliche Behandlung geht ähnlich wie in den beiden vergangenen Jahren deutlich über den Zuwachs der beitragspflichtigen Einnahmen der Krankenkassen hinaus. Der absolute Zuwachs lag sogar bei 4,6 v.H. Diese Entwicklung zeigt, dass sich die Honorarsituation für die Ärzte bereits im laufenden Jahr deutlich verbessert hat. Die zusätzlichen Ausgaben für ärztliche Früherkennungsuntersuchungen, die einen Anstieg von 14,8 v. H. ausweisen, sind dabei noch nicht einbezogen. Mit der ärztlichen Honorarreform im Bereich der vertragsärztlichen Vergütung wird sich auf Basis der Beschlüsse des Erweiterten Bewertungsausschusses vom August und Oktober die wirtschaftliche Situation in den Arztpraxen ab 2009 weiter deutlich verbessern.
Aufwertung von Prävention und Rehabilitation
Die aktuelle Ausgabenentwicklung der Krankenkassen dokumentiert auch die gesundheitspolitische Aufwertung von Präventions- und Rehabilitationsleistungen. Hohe zweistellige Ausgabenzuwächse von 21 v.H. bei den Ausgaben für Präventionsleistungen und Schutzimpfungen sind gesundheitspolitisch geboten und weisen in die richtige Richtung.
Gerade bei Schutzimpfungen stehen den höheren Ausgaben erhebliche Verbesserungen im Impfschutz der Bevölkerung gegenüber. Der Ausgabenzuwachs von rd. 22,4 v.H. im 1. bis 3. Quartal bei den Schutzimpfungen hat sich im Vergleich zur Zuwachsrate des 1. Halbjahrs von 38 v.H. deutlich abgeflacht. Seit Mitte 2007 ist es nicht mehr den einzelnen Krankenkassen überlassen, welche Impfleistungen sie ihren Mitgliedern zur Verfügung stellen. Allmählich pendelt sich das Ausgabenniveau in diesem Bereich offensichtlich auf dem hohen Niveau des Vorjahres ein. Dabei besteht weiterhin die Notwendigkeit, dass die Verbesserungen beim Impfschutz in enger Kooperation mit dem öffentlichen Gesundheitsdienst umgesetzt werden und es nicht zu Ausgabenverlagerungen zum Nachteil der gesetzlichen Krankenversicherung kommt. Außerdem müssen auch bei den Impfstoffen verstärkt preiswerte Verordnungsalternativen zur Anwendung kommen.
Weiterhin positiv verläuft auch die Entwicklung bei den Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen, die nach Jahren mit rückläufiger Entwicklung durch die Umwandlung dieser Leistungen von Ermessens- zu Regelleistungen wieder Zuwächse verzeichnen. So sind beispielweise die Mutter-/Vater-Kind-Kuren im 1. bis 3. Quartal 2008 um 12,7 v.H. gestiegen.
Die Krankengeldausgaben, die in den letzten Jahren bei ungünstiger konjunktureller Entwicklung stark rückläufig waren, haben Zuwächse von 8,2 v.H. Diese Zuwächse beruhen bei weiterhin niedrigem Krankenstand und hoher Beschäftigungsquote vor allem auf einer Anbindung an die steigenden Löhne.
Die Verwaltungskosten der Krankenkassen sind nach längerer Stabilität in den Vorjahren mit 2,2 v.H. je Mitglied gestiegen, wenn auch mit unterschiedlichen Entwicklungen bei den einzelnen Kassenarten.
Solides Fundament für den Start des Gesundheitsfonds
Die aktuelle Finanzentwicklung zeigt: Die gesetzliche Krankenversicherung geht mit einer soliden finanziellen Grundlage in den Gesundheitsfonds. Die Steigerungsraten für 2009 bewegen sich im Rahmen dessen, was der Schätzerkreis im Konsens als voraussichtliche Entwicklung für das Jahr 2008 Anfang Oktober veranschlagt hatte.
Im Jahr 2009 stehen für Leistungsausgaben und Verwaltungskosten der GKV einschließlich der zusätzlichen Mittel für die sog. Konvergenzklausel rd. 10,8 Mrd. Euro mehr zur Verfügung als im Jahr 2008. Diese Mehrausgaben sind bei der Bemessung des einheitlichen paritätisch finanzierten Beitragssatzes von 14,6 v.H., der ab dem 1. Januar 2009 für alle Kassen gilt, eingepreist. Zusammen mit dem Bundeszuschuss, der im nächsten Jahr wie auch in den Folgejahren um jeweils 1,5 Mrd. Euro angehoben wird, reichen die damit erzielbaren Beitragseinnahmen aus, um diese Ausgaben zu hundert Prozent zu finanzieren. Entgegen allen anderslautenden Gerüchten und Falschmeldungen der letzten Wochen wurden bei der Schätzung der Beitragseinnahmen im Schätzerkreises bereits die ungünstigeren gesamtwirtschaftlichen Perspektiven im Lichte der Finanzmarktkrise zugrunde gelegt und daher im Konsens vorsichtige Annahmen getroffen.
Für die gesetzliche Krankenversicherung ergeben sich daraus gesicherte Kalkulationsgrundlagen. Jede Kasse hat am 14. November 2008 vom Bundesversicherungsamt eine Mitteilung über die Höhe der Zuweisungen – unter Berücksichtigung ihrer besonderen Morbiditätsstruktur – erhalten, die der Gesundheitsfonds ab Januar auszahlen wird.
Im Unterschied zur gegenwärtigen Situation wissen die Krankenkassen ab 2009 genau, was ihnen Monat für Monat für die Versorgung ihrer Versicherten zur Verfügung steht. Das unterjährige Einnahmerisiko, das heute bei den einzelnen Kassen liegt, trägt zukünftig der Gesundheitsfonds. Auch unterjährige Einnahmeschwankungen werden künftig vom Gesundheitsfonds aufgefangen und somit nicht mehr zu Liquiditätsschwankungen bei den Kassen führen. Monatlich gleiche Zuweisungen bedeuten somit, dass die Krankenkassen nicht mehr wie bisher in den ersten drei Quartalen regelmäßig weniger Einnahmen haben werden als sie zur Finanzierung ihrer Ausgaben benötigen, die in der Vergangenheit erst durch die Einmalzahlungen im November ausgeglichen werden konnten. Deshalb werden im nächsten Jahr die unterjährigen Finanzergebnisse der GKV wesentlich zuverlässiger die Finanzentwicklung der Krankenkassen widerspiegeln als heute. Damit gehören auch die immer wiederkehrenden Fehlinterpretationen in der Öffentlichkeit, die bei einem unterjährigen ungünstigen Verhältnis von Einnahmen und Ausgaben der Kassen regelmäßig die GKV in einem riesigen Finanzloch sahen, endgültig der Vergangenheit an.
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