Frauen putzen mehr und verdienen weniger

Berlin

Frauen putzen mehr und verdienen weniger

Frauen verdienen weniger als Männer. Seit Jahren liegt das Einkommen von Frauen durchschnittlich um ein Fünftel unter dem der Männer. Üblicherweise wird diese Lohnkluft mit unterschiedlicher Qualifikation, Berufswahl und Berufserfahrung von Frauen und Männern sowie einer häufigeren Diskriminierung von Frauen durch den Arbeitgeber erklärt. Eine neue Studie des DIW Berlin zeigt jetzt, dass offenbar noch ein weiterer Faktor bei den Einkommensunterschieden eine Rolle spielt: das Ausmaß der Hausarbeit. Männer arbeiten nach wie vor weniger im Haushalt als Frauen – vollbeschäftigte Männer in Paarhaushalten etwa eine Stunde pro Werktag. „Außerdem landet häufig der Teil der Hausarbeit, der am wenigsten Flexibilität für den Job erlaubt, bei Frauen“, so die Autorin und DIW-Arbeitsmarktexpertin Silke Anger. „Hausarbeit beansprucht Zeit und Energie, die Frauen sonst in ihren Beruf investieren könnten.“ Tatsächlich verdienen vollberufstätige Frauen ohne Hausarbeit rund ein Viertel mehr als Frauen mit täglich zwei Arbeitsstunden im Haushalt.

Arbeitsteilung im Haushalt folgt noch immer traditionellen Rollen

Trotz eines Anstiegs der Erwerbsbeteiligung und Wochenarbeitszeit von Frauen hat sich an der Aufteilung der häuslichen Tätigkeiten insgesamt zwischen Frauen und Männern bislang wenig geändert. Selbst vollbeschäftigte Frauen verwenden noch immer deutlich mehr Zeit auf die häusliche Arbeit. „Unter den Vollbeschäftigten haben Männer noch einen Rückstand von etwa einer halben Stunde pro Werktag“, so Ko-Autorin Anita Kottwitz. Besonders deutlich seien die Abweichungen, wenn man nur Paare mit gemeinsamem Haushalt betrachte: „Hier beteiligen sich Männer deutlich weniger an der Hausarbeit als allein lebende Männer. Bei Frauen ist es genau umgekehrt.“

Diese Unterschiede deuten auf eine nach wie vor bestehende Spezialisierung von Paaren innerhalb eines Haushalts hin: Vollzeitbeschäftigte Männer nehmen mit täglich neun Stunden Erwerbsarbeit die Rolle des Hauptverdieners ein – und mähen am Wochenende den Rasen. Vollzeitbeschäftigte Frauen, die mit ihrem Partner zusammenleben, arbeiten im Schnitt eine halbe Stunde weniger am Arbeitsplatz, dafür übernehmen sie im Haushalt häufiger Wischmopp und Kochlöffel – Tätigkeiten, die sich nicht auf das Wochenende verschieben lassen. Diese Tendenz ist selbst in Haushalten erkennbar, in denen beide Partner vollerwerbstätig sind.

Durch ihre Verantwortung für zeitlich unflexible Haushaltsaktivitäten wie Kochen oder Kinderbetreuung stehen viele Frauen dem Arbeitsmarkt nicht in gleichem Maß zur Verfügung wie Erwerbstätige ohne oder mit flexibleren häuslichen Pflichten. Einkommen und Karriere müssen zurückstehen, wenn die Flexibilität für berufliche Termine oder Überstunden aufgrund der häuslichen Tätigkeit fehlt. Oft ist auch bereits die Arbeitsplatzwahl durch die Verpflichtungen im Haushalt eingeschränkt.

Qualifikation schützt vor der Hausarbeitsfalle

Die Arbeitsteilung im Haushalt hängt stark von den Einkommenssaussichten beider Partner ab. Finanziell lohnt es sich für ein Paar, wenn sich der Partner mit dem schlechteren Verdienst stärker auf die unbezahlte häusliche Tätigkeiten konzentriert. Verdienen beide Partner etwa gleich viel, können sich allerdings beide in gleichem Maß an der Hausarbeit beteiligen, ohne dass dadurch das Haushaltseinkommen sinkt.

Langfristig könnte eine stärkere Gleichberechtigung bei der Hausarbeit große Effekte haben: Eine geringere Belastung im Haushalt könnte Frauen ermutigen, stärker in ihre Karriere zu investieren und eine größere Nähe zum Arbeitsmarkt aufzubauen. Dadurch kann sich die Lohnkluft zwischen den Geschlechtern verringern. Bedingung für Umverteilung ist allerdings, dass Frauen mindestens ebenso qualifiziert sind wie ihre Partner. „Unsere Daten zeigen, dass es wichtig ist, Frauen bei der Erlangung von Qualifikationen zu unterstützen“, so die Autorinnen Silke Anger und Anita Kottwitz. Gleichzeitig appellierten sie an Unternehmen und Politik, Frauen den Zugang zu besser bezahlten Tätigkeiten und Führungspositionen zu ermöglichen und Diskriminierung entgegenzuwirken.

Stichwort SOEP
Diese Studie wurde auf Basis von Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) erstellt. Das SOEP ist eine repräsentative Wiederholungsbefragung, die bereits seit 25 Jahren läuft. Im Auftrag des DIW Berlin werden jedes Jahr in Deutschland mehr als 20 000 Personen in rund 11 000 Haushalten von TNS Infratest Sozialforschung zu soziodemografischen und -ökonomischen Faktoren befragt. Als wissenschaftliche Serviceeinrichtung der Leibniz-Gemeinschaft ist das SOEP am DIW Berlin angesiedelt. Die Daten des SOEP geben unter anderem Auskunft über Einkommen und Vermögen, Erwerbstätigkeit, Bildung oder Gesundheit. Die SOEP-Daten werden Forscherinnen und Forschern im In- und Ausland für wissenschaftliche Analysen zur Verfügung gestellt.

Mehr Hausarbeit, weniger Verdienst. Von Silke Anger und Anita Kottwitz.
In: Wochenbericht des DIW Berlin Nr. 6/2009, http://www.diw.de/documents/publikationen/73/94527/09-6-1.pdf

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