KOCH-MEHRIN-Interview für die „Thüringer Allgemeine“
KOCH-MEHRIN-Interview für die „Thüringer Allgemeine“
Berlin. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa (ALDE) und Vorsitzende der FDP im Europaparlament, DR. SILVANA KOCH-MEHRIN, gab der „Thüringer Allgemeinen“ (Mittwoch-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte INGO LINSEL:
Frage: Zeigt sich das so oft zerstrittene Europa im Augenblick der Gefahr handlungsfähig?
KOCH-MEHRIN: Ich denke schon. Es finden nicht nur in ziemlicher Häufigkeit politische Treffen statt. Man handelt auch in der Einsicht, dass kein Land allein auf die Finanzkrise reagieren könnte.
Frage: Die Krise haben aber viele voraus gesehen, ohne dass etwas unternommen wurde.
KOCH-MEHRIN: Die Europäische Kommission und auch das Parlament haben seit vier Jahren immer wieder eingefordert, die Regeln auf dem Finanzmarkt zu modernisieren. Auch Kanzlerin Merkel ist lange den anderen vergeblich hinterher gelaufen, vor allem den Briten und ebenso den Iren. Denn während die Unternehmen ganz selbstverständlich international tätig sind, blieben die Aufsichtsstrukturen national. So konnte die Sachsen LB in Dublin aktiv werden und sich der Kontrolle entziehen.
Frage: Wächst bei den Briten die Einsicht, sich dem Euroraum zu nähern, weil sie merken, sie brauchen doch die Hilfe der anderen?
KOCH-MEHRIN: Ich glaube, auch den Briten wird klar, dass der Euro-Raum durch die einheitliche Währung so stark geworden ist. Der Euro zeigt sich in dieser Situation als wirklich wichtiger Stabilitätsanker. Bei vielen nationalen Währungen hätten einige schon die Segel streichen müssen.
Frage: Droht dennoch das Schicksal der angeschlagenen Isländer auch anderen Europäern?
KOCH-MEHRIN: Island ist ein sehr kleines Land und nicht Mitglied in der EU. Das ist schwer vergleichbar. Ich denke aber nicht, dass ein EU-Land in ähnlich großen Nöten steckt.
Frage: Hat der EU-Gipfel wegen der Finanzsorgen noch den Lissabon-Vertrag im Blick?
KOCH-MEHRIN: Ich finde es ausgesprochen enttäuschend, dass die Iren nach ihrem gescheiterten Referendum nun erst im Dezember vorschlagen wollen, wie es weiter gehen soll. Das strapaziert die Geduld und Freundschaft der anderen EU-Länder ziemlich stark. Denn alle anderen Länder wollen diesen Vertrag, der nur durch Irland hinausgezögert wird. Wir hoffen nun auf den Dezember.
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