Kuba: Erste Reformschritte

Frankfurt am Main

Kuba: Erste Reformschritte
Nach dem offiziellen Wechsel des Staatspräsidenten von Fidel Castro auf seinen Bruder Raúl Castro Ende Februar 2008 sind die Hoffnungen auf politische und wirtschaftliche Reformen gestiegen. Als erste Liberalisierungsschritte dürfen Kubaner die Hotels für ausländische Touristen aufsuchen und Handys einkaufen. Vorgesehen sind darüber hinaus der freie Verkauf von Elektronikprodukten (PCs etc.) und eine Lockerung der strikten Ausreisegesetze. Marktwirtschaftliche Produktionsbedingungen werden allerdings vorerst nur im Agrarsektor schrittweise eingeführt, ausgelöst vom Netto-Einfuhrbedarf an Nahrungsmitteln trotz guter landwirtschaftlicher Voraussetzungen. Unabhängig vom Ausgang der Präsidentenwahl in den USA bestehen gute Chancen für eine graduelle Lockerung der US-Wirtschaftssanktionen ab 2009.
Feste Preise, Quoten und zentrale Planung prägen nach wie vor die kubanische Wirtschaft. Eine Transformation zur Marktwirtschaft wie in osteuropäischen Ländern ist in Kuba vorerst nicht vorgesehen. Die neue Regierung versucht jedoch, Preisverzerrungen abzubauen und Anreize etwa bei der Entlohnung zu schaffen. Die Devisenbewirtschaftung mithilfe eines zweistufigen Wechselkurssystems – bestehend aus einem nicht konvertiblen kubanischen Peso und einem konvertiblen Peso – behindert eine stärkere außenwirtschaftliche Ausrichtung. Um sich internationalen Kaufkraftparitäten besser anzugleichen, müssten zum einen der Inlandspeso stark auf- und zum anderen der konvertible Peso stark abgewertet werden. Dies würde jedoch wirtschaftliche Schocks hervorrufen, weshalb die Regierung wahrscheinlich sehr behutsam die Wechselkurse vereinheitlichen wird. U.a. wegen höherer Preissubventionen für Nahrungsmittel dürfte das Staatsdefizit 2008 auf 5 % des BIP steigen. Dafür ist nochmals mit einer niedrigen Inflationsrate von 3 % zu rechnen, da die Preise weiter reglementiert bleiben.
Das seit 2005 rasche Wirtschaftswachstum wird vom internationalen Konjunkturabschwung 2008 noch wenig beeinträchtigt. Höhere verfügbare Einkommen sowie steigende Investitionen in Anlagen und in die Infrastruktur stärken die Inlandsnachfrage, während angebotsseitig die Landwirtschaft, die Industrie, der Bergbau und die Dienstleistungen weiter zulegen. Überwiegend staatliche Unternehmen aus Venezuela, China und Brasilien investieren im Bergbau (Nickel) und Ölsektor und modernisieren die Verkehrsinfrastruktur. Aus Venezuela erhält Kuba günstiges Erdöl und Deviseneinnahmen aus der Tätigkeit kubanischer Ärzte und Pflegekräfte. Diese Berufsgruppen steuern wie der Tourismus etwa ein Viertel der Deviseneinnahmen bei, vom Nickel-Bergbau kommt ein weiteres Fünftel. Kuba ist gegenwärtig zu stark von einzelnen Güter- und Dienstleistungsexporten abhängig. Der Leistungsbilanzsaldo wird sich 2008 aber nur leicht passivieren.
Die Auslandsschulden sind zweigeteilt. Auf die „aktiven“ Schulden staatlicher Handelsunternehmen und Banken wird der Schuldendienst regulär bedient. Fast die Hälfte der Schulden über insgesamt 17 Mrd. $ sind jedoch noch Zahlungsrückstände aus dem Moratorium von 1986, die aus politischen Gründen nicht umgeschuldet werden konnten. Die Beziehungen zu ausländischen Gläubigern sind dadurch noch belastet. Die Liquidität Kubas ist dagegen aufgrund des geringen Leistungsbilanzdefizits und der Finanzierungen durch befreundete Staaten gut.
Autor:
Ulrich Rathfelder
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