Renten: EZB-Zinsanhebung im Juli wahrscheinlich

Frankfurt am Main

Renten: EZB-Zinsanhebung im Juli wahrscheinlich
Nach den deutlichen Worten in der letzten EZB-Pressekonferenz ist die Wahrscheinlichkeit für eine moderate Zinsanhebung im Juli als sehr hoch einzuschätzen. Die flache Zinsstrukturkurve bei Euro-Staatsanleihen wird somit vorerst Bestand haben. In den kommenden Monaten wird der Bund-Future weiteren Schwächephasen ausgesetzt sein, zumal auch die US-Vorgaben eher belasten dürften.
Nach der letzten EZB-Pressekonferenz schlagen die Wellen hoch. Die Andeutungen von EZBPräsident Trichet, dass bereits in der Juli-Sitzung die Leitzinsen angehoben werden könnten, hat viele Marktbeobachter auf dem falschen Fuß erwischt. Immerhin hatte bei der letzten Reuters- Umfrage kein einziger der 82 Analysten eine Zinsanhebung in diesem Jahr prognostiziert. 70 % der Befragten gingen sogar von einer Senkung als nächste Zinsentscheidung der EZB aus.
An den Terminmärkten ist bis Jahresende bereits ein Anstieg der Leitzinsen im Euroraum von 50 Basispunkte (BP.) eingepreist. Die Rendite zweijähriger Bundesanleihen ist seit März um fast 170 Bp. angestiegen. Eine solch markante Änderung der Zinserwartungen hat es seit Bestehen der EZB noch nicht gegeben – eine so hartnäckige Teuerung wie jetzt allerdings ebenfalls nicht. Es war wohl der erneute Anstieg der Euro-Teuerung auf 3,6 % im Mai sowie die kritische Berichterstattung über die Inflationsbelastungen für die privaten Haushalte, die die EZB unter Zugzwang gesetzt haben. Natürlich ist die EZB nicht in der Lage, die Energie- und Nahrungsmittelpreise zu beeinflussen. Sie kann jedoch die mittel- bis langfristigen Inflationserwartungen im Zaum halten. Zuletzt hatten wohl immer mehr Mitglieder des EZB-Rats den Eindruck, dass Worte allein nicht mehr ausreichen, um der Bevölkerung den Eindruck zu vermitteln, dass die Notenbank ihrem Auftrag gerecht wird.
So wird die EZB im Juli vermutlich die Leitzinsen um 25 Bp. anheben, obwohl sich die Verspannung am Geldmarkt hartnäckig hält. Was könnte einen Zinsschritt noch verhindern? Ein deutlicher Rückgang der Rohölnotierungen, ein Aufflammen der Bankenkrise oder ein beschleunigter Stimmungsabschwung bei Unternehmen und Verbrauchern – hierfür gibt es zumindest kurzfristig keine Indikation. Wird die EZB in diesem Jahr ein weiteres Mal an der Zinsschraube drehen? Dies ist nicht auszuschließen, allerdings dürfte der Widerstand seitens der EZB-Ratsmitglieder aus den konjunkturschwachen südeuropäischen Volkswirtschaften stärker werden. Aber auch in Deutschland deutet der fünfte Rückgang der Auftragseingänge in Folge auf eine reduzierte Konjunkturdynamik hin.
Bei Euro-Renten dürfte der Richtungswechsel der EZB noch nachwirken. Allerdings sollte der Einfluss der EZB auf die Renditen langer Laufzeiten nicht überbewertet werden. Hier macht sich eher das Gewicht des US-Rentenmarkts bemerkbar. Dieser hat jedoch ebenfalls seine beste Zeit schon gesehen, zumindest dürfte der nächste Zinsschritt der US-Notenbank eher auf- als abwärtsgerichtet sein. Wir rechnen daher mit neuen Jahreshöchstständen bei den Renditen zehnjähriger Staatsanleihen in den kommenden Monaten. Die defensive Allokationsausrichtung in unserem Laufzeitenmusterportfolio (vgl. Zinsreport vom Juni 2008) wird damit bestätigt.
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