Studie belegt: Hessisches ÖPNV-Modell ist der falsche Weg: Statt Einsparung und…
Studie belegt: Hessisches ÖPNV-Modell ist der falsche Weg: Statt Einsparung und Mittelstandsförderung Mehrkosten und Insolvenzen
DB Bahn Stadtverkehr und mittelständisches Busgewerbe fordern Umdenken
Berlin, 3. Juni 2009 – Am 3. Dezember 2009 tritt die neue EU-Verordnung 1370/2007 in Kraft. Diese Verordnung, die unmittelbar deutsches Recht ist, regelt die Finanzierung von Verkehrsleistungen aus öffentlichen Kassen im Nahverkehr. Eine Novellierung nationaler Vorschriften wie des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) und des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) erfolgte bisher nicht. Die für den Nahverkehr verantwortlichen Bundesländer suchen nach neuen Lösungen zur Finanzierung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Immer wieder wird dabei auf Hessen und sein Ausschreibungsmodell geblickt. In Hessen wurde die Verantwortung für Planung, Gestaltung und Finanzierung des ÖPNV weitgehend von den Unternehmen auf die öffentliche Hand verlagert, und ab 2003 wurden Fahrleistungen per Ausschreibung vergeben.
Im Auftrag des Bundesverbandes Deutscher Omnibusunternehmer (bdo) und der DB Stadtverkehr GmbH liegt nun eine erste umfassende Studie aus dem ANWI-Institut (Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung und Regionalanalyse) der Fachhochschule Emden zu den Ergebnissen des hessischen Wettbewerbsmodells vor.
Zentrales Ergebnis der Studie ist, dass die von der Landesregierung formulierten Ziele der Neuorganisation des ÖPNV in Hessen nicht erreicht wurden. Das Gegenteil ist der Fall. Von einer nachhaltigen Senkung des finanziellen Aufwandes für den ÖPNV kann bei einer ganzheitlichen Betrachtung keine Rede sein. Eine Marktöffnung erfolgte nur für wenige ausländische Großkonzerne. Dem stehen zahlreiche Marktaustritte lokal verwurzelter Mittelständler gegenüber. Ebenso erfolgte keine Zunahme der Verkehrsnachfrage im Busverkehr. Das private Verkehrsgewerbe wurde nicht gestärkt ? entgegen der Ankündigung der Hessischen Landesregierung: Der Mittelstand hat rund ein Drittel seiner Leistungen verloren. Damit ist mittelfristig die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Branche nachhaltig beeinträchtigt.
In diesem Zusammenhang lohnt sich auch ein Blick nach Schweden: Die dortige Regierung hat angekündigt, einen Vorrang kommerzieller Verkehre festzuschreiben. Die Aufgaben der Verkehrsunternehmen im Interesse der Kunden sollen größer werden; die Aufgaben der Regieebenen sich auf strategische Bereiche beziehen.
Zentrale Aussagen der vorliegenden Studie sind:
– Die Anzahl der mittelständischen Unternehmen im Ausschreibungswettbewerb hat sich mehr als halbiert.
– Die mittelständischen Unternehmen konnten in den ersten Jahren Marktanteile gewinnen. Seit 2006 sind diese Zugewinne durch Unternehmensverkäufe und Insolvenzen aber mehr als aufgezehrt.
– Der Marktanteil internationaler Verkehrskonzerne (ohne DB Bahn Stadtverkehr) stieg in diesen Jahren auf über 30 Prozent, im Gebiet des Rhein-Main-Verkehrsverbundes (RMV) sogar auf fast 40 Prozent.
– Kommunale Unternehmen bleiben durch Inhouse-Vergaben klarer und privilegierter Marktführer.
– Verluste im Ausschreibungsmarkt haben öffentliche Unternehmen vollständig durch Kündigung von Subunternehmerleistungen aufgefangen.
– Bei den ausgeschriebenen Verkehren hat DB Bahn Stadtverkehr fast 40 Prozent seiner Leistungen verloren und kommt nur noch auf einen Marktanteil von ca. 25 Prozent. Auch deshalb sind Subunternehmerleistungen rückläufig.
– Das Leistungsvolumen mittelständischer Unternehmen im Subunternehmermarkt ist um zwei Drittel (12 Millionen Wagenkilometer) eingebrochen, wodurch rund 20 Prozent der kleineren, mittelständischen Unternehmen aus dem Markt gedrängt wurden.
– An den teilweise verkündeten nachhaltigen Einsparungen werden erhebliche Zweifel angemeldet: Zwar sind die Zahlungen der Aufgabenträger für jeden Nutzwagenkilometer (Nkm) zunächst deutlich gesunken. Die Senkung der tatsächlich aufgewendeten Kosten konnte damit aber nicht Schritt halten.
– Nach einem Preisverfall 2003 bis 2006 ist seit 2006 ein Anstieg der Kilometerpreise auch in Hessen feststellbar.
– Durch den Systemwechsel von eigen- zu gemeinwirtschaftlichen Verkehren sind vor allem für die Aufgabenträger im ländlichen Raum erhebliche neue Finanzierungsrisiken entstanden, die von den Kommunen durch erhöhte Umlagen
aufzufangen sind.
– Ein zunehmender Kostenblock sind die Regiekosten. Sie dürften zwischen 5 und 20 Prozent des ÖPNV-Budgets ausmachen und sind durch Verlagerungen von Leistungen zu den Aufgabenträgern erheblich gestiegen.
– Allein bei der Frankfurter traffiq haben sich die Kosten von 2002 bis 2007 mehr als verdoppelt (+111 Prozent). Dabei ist der Pro-Kopf-Aufwand für die Regiekosten unterschiedlich hoch. Während Bürger in Marburg-Biedenkopf 7,82 Euro zahlen, zahlen die Bürger Frankfurts für die traffiq 23,52 Euro im Jahr.
Die vollständige Studie kann über den Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (bdo) oder die DB Stadtverkehr GmbH, Stephensonstraße 1, 60326 Frankfurt bezogen werden.
Ansprechpartner für Medien:
bdo: Martin Kaßler, Leiter Kommunikation Public Affairs, Tel: 030 24089-300, Fax: 030 24089-412, E-Mail: m.kassler@bdo-online.de
Deutsche Bahn AG: Jürgen Kornmann, Leiter und Sprecher Personenverkehr, Tel: 030 297-60010, Fax: 030 297-60012; E-Mail: juergen.kornmann@dbbahn.com
Auftragnehmer:
ANWI INSTITUT? convia
Prof. Dr. Reinhard Elsner, Zum Nordkai 20, 26725 Emden, 04921 4509957
Dirk Dannenfeld, Joachim-Friedrich-Straße 13, 10711 Berlin, 030 21977308
Herausgeber: Deutsche Bahn AG
Potsdamer Platz 2, 10785 Berlin, Deutschland
Verantwortlich für den Inhalt: Konzernsprecher/
Leiter Unternehmenskommunikation
Oliver Schumacher
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