Unternehmer: Zu hohe Risikobereitschaft zahlt sich nicht aus

Berlin

Unternehmer: Zu hohe Risikobereitschaft zahlt sich nicht aus

DIW-Studie zeigt erstmals Zusammenhang zwischen Risikofreude und Überlebensdauer von Firmen
Unternehmensgründer mit mittlerer Risikobereitschaft sind am erfolgreichsten. Dies zeigt eine heute im DIW-Wochenbericht veröffentlichte Untersuchung. Sind Unternehmer hingegen sehr risikoscheu oder aber besonders risikofreudig, verringert dies die Überlebenschancen ihrer Firmen.
‚Zu viel Risikobereitschaft schadet den Erfolgsaussichten von Selbstständigen. Zu wenig Risiko macht die Selbstständigkeit im Vergleich zur abhängigen Beschäftigung unattraktiv‘, fasst DIW-Wissenschaftler Frank Fossen die Ergebnisse zusammen. ‚Am erfolgreichsten sind langfristig Unternehmer mit mittlerer Risikobereitschaft.‘
Während der Einfluss von Risikoeinstellungen auf Unternehmensgründungen relativ gut erforscht ist, gab es bisher keine empirischen Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen den Risikoeinstellungen der Unternehmer und der Überlebensdauer ihrer Firmen. Diese Lücke schließt die jetzt veröffentlichte Studie. Für ihre Untersuchung griffen Marco Caliendo vom Institut für die Zukunft der Arbeit (IZA Bonn), Frank Fossen vom DIW Berlin und Alexander Kritikos von der Hanseuniversität Rostock auf Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) zurück. Über einen Zeitraum von sechs Jahren beobachteten sie das Verhalten von knapp 2.500 Selbständigen – in mehr als 700 Fällen scheiterte dabei die Unternehmensgründung.
Für besonders risikoscheue Selbstständige ergeben die Berechnungen eine Wahrscheinlichkeit von 12,5 Prozent, von einem Jahr auf das nächste aus der Selbstständigkeit auszuscheiden. Den gleichen Wert erreichen sehr risikobereite Unternehmer. Bei denjenigen Unternehmern, die ihre eigene Risikobereitschaft als durchschnittlich einschätzten (5 oder 6 auf einer Skala von 0 bis 10), ist die Wahrscheinlichkeit des unternehmerischen Scheiterns dagegen um 40 Prozent geringer und erreicht nur einen Wert von 7,5 Prozent.
Die Untersuchungsergebnisse dürften der Debatte über mehr Unternehmertum in Deutschland und eine größere Zahl von Selbständigen neuen Auftrieb geben. Beide Punkte sind zentrale Bausteine vieler wirtschaftspolitischer Konzepte für Wachstum und Beschäftigung. ‚Unsere Studie zeigt jetzt: Wir brauchen keine Existenzgründung um jeden Preis, sondern Unternehmen, bei denen die Risikoabschätzung stimmt‘, gibt DIW-Forscher Frank Fossen zu bedenken.
Hintergrundinfo SOEP:
Das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) ist eine seit 25 Jahren laufende Lang-zeitbefragung von mehr als 10.000 deutschen Haushalten. Das am DIW Berlin angesiedelte SOEP gibt Auskunft über Faktoren wie Einkommen, Erwerbstätig-keit, Bildung oder Gesundheit. Weil jedes Jahr die gleichen Personen befragt werden, können langfristige soziale und gesellschaftliche Trends besonders gut verfolgt werden.
Außerdem im Wochenbericht:
Humankapital und Wirtschaftswachstum in den Regionen der EU. Von Christian Dreger und Georg Erber Atomkonsens II könnte Element zukunftsweisender Energiepolitik sein. Kommentar von Claudia Kemfert Regionale Innovationsdynamik in der Europäischen Union. Fünf Fragen an Georg Erber
Pressemitteilung mit Grafik ‚Kumulative Wahrscheinlichkeit des Scheiterns bei Unternehmern mit unterschiedlichen Risikoeinstellungen‘ (PDF): www.diw.de/documents/dokumentenarchiv/17/87471/20080716_pressemeldung_diw_risikobereitschaft.pdf
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