Which New Global (Green) Deal for the Future? – Allianz Lecture 4 – Grün ist die Hoffnung
Which New Global (Green) Deal for the Future? – Allianz Lecture 4 – Grün ist die Hoffnung
Der New Deal des US-amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt formte aus einer von der Wirtschaftskrise der 30er Jahre verunsicherten Nation das reichste Land der Geschichte. Experten aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft diskutierten auf dem Forum der Allianz Kulturstiftung, ob und wie ein New Green Deal Klimaschutz und Konjunkturpakete verbinden kann.
Was haben der globale Klimawandel und die weltweite Finanzkrise gemein, fragt CARE-Chef Robert Glasser das Publikum im Allianz Stiftungsforum in Berlin. Sie treffen die Menschen am härtesten, die am wenigsten Schuld an dieser Misere tragen. Für die Armen der Welt seien beide Ereignisse katastrophal.
Ersten Zahlen der Weltbank zu Folge sind etwa 50 Millionen Menschen im Sog kollabierender Banken im vergangenen Jahr in die Armut abgerutscht. Weitere 50 Millionen dürften in diesem Jahr folgen, schätzt Glasser. „Wir fürchten, eine Zunahme von Kriminalität und Gewalt, langfristig führt das auch zu politischer Instabilität.“
Für viele arme Regionen, die in den vergangenen Jahren bereits unter teuren Lebensmittelpreisen, Dürre, Stürmen und Konflikten gelitten hätten, könnte die Wirtschaftkrise zum KO-Schlag werden, sagt Glasser. Angesicht solch düsterer Prognosen sorgt Glassers Resümee für betretenes Schweigen im Berliner Auditorium: „Der Klimawandel ist die mit Abstand größere Bedrohung.“
Aus der Not eine Tugend machen
Rund 80 Prozent der vom Klimawandel betroffenen Bevölkerung lebt in den ärmsten Staaten der Welt. Ohne finanzielle Ressourcen sind sie den Folgen der Erwärmung schutzlos ausgeliefert. Zwar könne die Wirtschaftskrise kurzfristig zu niedrigeren Treibhausgasemissionen führen, finanziell schmerzhafte Zugeständnisse an den Klimaschutz seien aber von den reichen Industrieländern derzeit nicht zu erwarten.
Warum also aus der Not keine Tugend machen, so die Überlegung vieler Klimaschützer, und milliardenschwere Konjunkturprogramme in umweltfreundliche Technologien und erneuerbare Energien investieren, um den globalen Klimawandel abzuschwächen?
Europa hinkt hinterher
Europa, lange der Wortführer im Kampf gegen die Erderwärmung, hinkt hier noch hinterher. Während das südkoreanische Konjunkturpaket zu rund 80 Prozent in umweltfreundliche Technologien fließt, investiert Deutschland nur rund 10 Prozent der Wirtschaftshilfen in „grüne“ Projekte, kritisiert Hans-Joachim Schellnhuber, der Direktor des Potsdam-Institutes für Klimafolgenforschung.
Schellnhuber, noch sichtlich gezeichnet von den harten Verhandlungen zu einem neuen weltweiten Klimapakt, vergleicht das internationale politische Engagement denn auch mit einem russischen Roulett. Um eine ähnliche Überlebenschance zu haben wie beim tödlichen Spiel mit der geladenen Waffe, müsse die Menschheit ihre Treibhausgasemissionen bis 2050 um 80 Prozent reduzieren.
Debattiert werde derzeit aber nur über eine Reduzierung um 60 Prozent. Im besten Falle bekomme man damit eine 50-prozentige Chance, den Klimawandel ohne dramatische Verluste zu überstehen. „Niemand würde so ein Risiko im normalen Leben eingehen, es sei denn er ist verrückt, verliebt oder Suizid gefährdet“, sagt Schellnhuber.
Unsere Lebensgewohnheiten müssen sich wandeln
Eine radikale Neuorientierung der Weltwirtschaft fordern auch die indische Umweltaktivistin Sunita Narain und ihr Landsmann Prabhu Guptara, Mitglied des World Future Councils und Direktor des Wolfsberg Centers, eines Think Tanks der Schweizer Großbank UBS.
Narain, die Leiterin des Centre for Science und Environment in Neu-Dehli, sieht die Industrienationen in der Pflicht. Vor allem Europa habe sich lange als Klimavordenker gegeben, aber drastische Einschnitte bei den eigenen Emissionen vermieden. „Das wird zu oft als Win-Win Situation verkauft, aber es gibt keine magische Antwort für das Abgasproblem“, sagt Narain.
Nur ein Wandel der Lebens- und Konsumgewohnheiten könne die nötigen Einsparungen erbringen. Gleichzeitig müssten die Entwicklungsländer eine Chance erhalten, nachhaltigen Fortschritt und Wohlstand zu erlangen.
„Eine Krise der Werte“
Guptara spricht gar von einer Systemkrise. „Wir haben keine Finanzkrise, wir haben eine moralische und ethische Krise, eine Krise der Werte.“ Es ist die Tragödie unserer Zeit, sagt er, dass sie eine selbstsüchtige Elite an die Macht gebracht habe.
Anstatt nun die Wirtschaft wieder im alten Geiste zu erbauen, müsse die Krise daher für den Aufbau eines globalen Regulierungssystems genutzt werden. Ansonsten, ist sich Guptara sicher, würden all die milliardenschweren Konjunkturpakete nur zu einer Neuauflage alter Probleme führen.
„Wir sind die Lösung“
Die Krise, darauf können sich alle Teilnehmer der vierten Allianz Lecture einigen, bietet eine einmalige Chance: Hans-Joachim Schellnhuber baut auf einen Wandel von unten und umweltfreundlichere Technik. Die Industrialisierung, argumentiert er, wurde von keiner Regierung geplant, sondern von kreativen Ingenieuren und profitorientierten Geldgebern. „Wir sollten die Kraft der Innovation nicht unterschätzen.“
Auch Prabhu Guptara appelliert an das Publikum, nicht dem Irrglauben an die eigene Machtlosigkeit zu unterliegen. Es gehe darum, bis zu den abschließenden Klimaverhandlungen im Dezember dieses Jahres möglichst viel Druck aufzubauen. „Wir sind die Lösung“, sagt er. „Die Welt ändert sich, wenn sich die Menschen ändern.“
Diese Aussagen stehen, wie immer, unter unserem Vorbehalt bei Zukunftsaussagen, der Ihnen oben rechts zur Verfügung gestellt wird.
Kontakt für Presse
Michael Thoss
Allianz Kulturstiftung
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