Zukunft der deutschen Netze

Karlsruhe

Zukunft der deutschen Netze

EU-Kommissar Andris Piebalgs referierte beim Debattenabend der Stiftung Energie Klimaschutz Baden-Württemberg Die Zukunft der deutschen Netze war das Thema des Debattenabends der Stiftung Energie- und Klimaschutz Baden-Württemberg am 17. Dezember in Stuttgart. Andris Piebalgs, der Brüsseler Energiekommissar für Energiefragen, erläuterte die Position der Kommission zur Entflechtung von Stromerzeugung und Stromverteilung. Hans-Peter Villis, Vorstandsvorsitzender der EnBW Energie Baden-Württemberg AG, plädierte für eine europäische Perspektive in der Debatte um die künftige Gestaltung der Übertragungsnetze.

In seinem Vortrag vor geladenen Gästen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft betonte Piebalgs die Vorteile eines europäischen Energiebinnenmarktes. „Wir brauchen eine sichere, nachhaltige und bezahlbare Energieversorgung und einen energiepolitischen Mix aus verschiedenen Energieträgern“. Die einzelnen Mitgliedsstaaten hätten energiewirtschaftlich eine sehr unterschiedliche Geschichte. Das Ziel der Kommission sei, dass Energie dort erzeugt wird, wo die Bedingungen am besten sind. Um die jeweils besten Bedingungen zu nutzen, seien regionale oder nationale Räume jedoch oft zu klein. „Nationale Grenzen verhindern effiziente Gesamtlösungen“, so Piebalgs. „Erst mit dem Binnenmarkt können wir Strom- und Gasnetze so weit vervollständigen, dass die Synergien zwischen den einzelnen Erzeugungs- und Bezugsquellen genutzt werden können. „Meine Vision ist, dass jedes Land und jede Region seine Stärken in den europäischen Energiemix einbringen kann.“

Der EU-Kommissar stellte die Standpunkte der Europäischen Kommission und die ersten Entwürfe des dritten Binnenmarktpakets vor und erläuterte den darin gefundenen Kompromiss: Demnach kann die von der EU-Kommission angestrebte Trennung von Netzen und Betreibern auch durch die Auslagerung von Netzen in unabhängig gemanagte Tochtergesellschaften stattfinden. „Ich freue mich, dass es dem Rat gelungen ist, eine Art der Entflechtung zu finden, die auch für Deutschland akzeptabel ist“, erklärte Piebalgs in Stuttgart. Gemäß diesem „Dritten Weg“ könne die vertikale Integration der Netze grundsätzlich beibehalten werden, allerdings werde die Unabhängigkeit des Netzbetreibers durch detaillierte Vorgaben zur Organisation erreicht. So werde die Regulierungsbehörde ein Vetorecht bei der Benennung und Entlastung des jeweiligen Vorstandes haben. Ein weiterer Schritt sei die Schaffung einer europäischen Regulierungsagentur zur Klärung grenzüberschreitender Regulierungsfragen. Dieses Gremium solle das regulatorische Pendant zu einer Arbeitsgemeinschaft der Netzbetreiber bilden, in der wirtschaftliche und technische Fragen geklärt werden. Es gibt Anlass zur Hoffnung, so Piebalgs, dass die nationale Ausrichtung von Regulierung und Netzbetrieb damit überwunden werden kann.

Durch die Schaffung der europäischen Regulierungsagentur und der Arbeitsgemeinschaft der Netzbetreiber werde der institutionelle Rahmen geschaffen, um grenzüberschreitende Kapazitätsengpässe und andere Handelshemmnisse zu beseitigen. Darüber hinaus sollen die Entflechtungsvorschläge und die Stärkung der nationalen Regulierungsbehörden Investitionen in den Netzausbau und den Netzbetrieb im Interesse des gesamten Marktes sichern. Angesichts der Verhandlungsfortschritte der vergangenen Monate äußerte der Energiekommissar die Hoffnung, dass die Verabschiedung des dritten Binnenmarktpaketes bis Mitte 2009 im Europäischen Parlament gelingt.

Der baden-württembergische Europaminister Prof. Dr. Wolfgang Reinhart erklärte in einem Grußwort, dass die Landesregierung die von der EU vorgeschlagene eigentumsrechtliche Trennung der Energieerzeugung vom Netzbetrieb nicht mittragen werde, da sie einen erheblichen Eingriff in die Eigentumsrechte von Unternehmen darstelle. „Zur Stärkung des Wettbewerbs auf den Energiemärkten hat Deutschland mit der Einrichtung von Regulierungsbehörden auf Bundes- und Landesebene, mit der Anreizregulierungsverordnung und mit der Verschärfung des Kartellrechts wesentlich geeignetere Instrumente geschaffen“, hob der Minister hervor.

Villis: Netzlandschaft nicht national, sondern europäisch denken Die EnBW setze sich dafür ein, bei der Weiterentwicklung der Übertragungsnetzlandschaft nicht national, sondern europäisch zu denken. Das erklärte der EnBW-Vorstandsvorsitzende Hans-Peter Villis bei der Diskussion im Anschluss an Piebalgs Ausführungen. Politische Bemühungen für ein transparentes und effizientes Stromnetz seien notwendig. Die Netzphysik mache aber nicht vor Landesgrenzen Halt. Für die EnBW sei die Zusammenarbeit mit europäischen Nachbarn zukunftsorientierter, als eine auf nationale Grenzen beschränkte einheitliche Regelzone. „Europäische Kooperationen bringen Wettbewerbsimpulse und erhöhen die Sicherheit im gesamten europäischen Stromnetz“, so Villis.

Die Netzstruktur von „Sicherheitszellen“ habe sich in bei der Beherrschung von Netzstörungen im europäischen Verbundnetz bewährt und sei ein Garant für die hohe Versorgungssicherheit in Deutschland. Eine deutsche Netz AG mit einer einheitlichen Regelzone sei für eine effizientere Übertragung hingegen nicht notwendig..

Für Baden-Württemberg sei eine deutsche Netz AG zudem von Nachteil: Netzkunden im Land drohten höhere Netzentgelte. „Ziel sollte es sein, die Netzeffizienz zu verbessern und davon auch die Kunden profitieren zu lassen“, so Villis, nicht, „eine unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten überflüssige Neuordnung der deutschen Übertragungsnetze als Selbstzweck herbeizuführen.“

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